Wieder Minderjährige aus dem Zug geworfen: Rote Kelle für Schaffner

Eine Karten-Kontrolleurin hat am Rande Berlins ein 14-jähriges Mädchen ohne Fahrschein aus einer Regionalbahn geworfen. Die Bahn zeigt sich zerknirscht und erteilt ihren Schaffnern Nachhilfe

So geht's nicht: In Fortbildungen sollen Schaffner jetzt kundenfreundliches Verhalten üben Bild: AP

Aufregung um herzlose Kontrolleure bei der Deutschen Bahn: Eine 14-jährige Schülerin musste am Montagmorgen den Zug verlassen, weil ihr Ticket nicht gültig war. Das sagte am Dienstag ein Bahn-Sprecher und bestätigte damit einen Bericht der Berliner Zeitung. Das Mädchen konnte nicht wie geplant zur Schule fahren, sondern musste an der Haltestelle Albrechtshof unmittelbar an der Grenze zwischen Spandau und Brandenburg aus dem Zug steigen. Sie hatte dem Bericht zufolge lediglich ein Freizeitticket, das erst ab 14 Uhr gilt - dies habe sie aber nicht gewusst. Die Schaffnerin habe keinerlei Verständnis gezeigt, sondern die weinende Schülerin des Zuges verwiesen. Dort habe die telefonisch alarmierte Mutter das Mädchen abgeholt und mit dem Auto zur Schule gebracht.

Die Bahn bemühte sich am Dienstag, den Vorfall als eigenmächtige Aktion einer Kontrolleurin darzustellen, obwohl dies bereits der dritte Fall seit Mitte Oktober ist. Die Mitarbeiter hätten gegen eine Dienstanweisung verstoßen, wonach Minderjährige nicht aus dem Zug geworfen werden dürfen. Die gleiche Vorschrift gibt es übrigens auch bei der BVG: Kontrolleure dürfen bei Minderjährigen nur Name und Adresse aufnehmen - und müssen sie dann weiterfahren lassen.

Ein Bahn-Sprecher sagte am Dienstag, als Konsequenz aus dem Vorfall müssten jetzt rund 750 Mitarbeiter in der Region die Dienstansweisung mit ihrer Unterschrift bestätigen. In Zukunft sollen Kontrolleure außerdem nachgeschult werden: Bei Fortbildungen soll etwa per Rollenspiel kundenfreundliches Verhalten geübt werden.

Christian Gaebler, Verkehrspolitiker der SPD, meint: "Das Problem ist, dass die Kunden keine Rolle mehr im Imperium von Bahnchef Hartmut Mehdorn spielen." Es sei eine Konsequenz aus der Börsenfixierung der Bahn, dass "Fingerspitzengefühl und Kundenservice eben nicht mehr dabei sind".

Die verkehrspolitische Sprecherin der oppositionellen Grünen im Abgeordnetenhaus, Claudia Hämmerling, findet den Vorfall mit dem rausgeworfenen Mädchen "symptomatisch für die Regionalbahnsparte der Deutschen Bahn". Kundenfreundlichkeit sei dort leider nicht die Regel - es habe lange keinen Wettbewerb gegeben und jetzt immer noch zu wenig. Hämmerling lobt kleine Konkurrenten wie die Ostdeutsche Eisenbahn GmbH, die von Berlin aus in den Osten Brandenburgs fährt: "Da kriegen Sie einen Cappuccino für einen Euro und ein freundliches Gesicht." Die Regionalbahn und S-Bahn, die ebenfalls zur Deutschen Bahn gehört, sei dagegen "nicht kunden-, sondern börsenorientiert".

Ganz anders sieht das Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Man könne "nicht von einem strukturellen Problem der Bahn sprechen, sondern von unsensiblem Verhalten einzelner Zugbegleiter". Es gebe keinen Druck der Bahn auf ihre Kontrolleure, um jeden Preis so viele Bahnfahrer wie möglich zu erwischen. Mehr Wettbewerb findet Matuschek kontraproduktiv: Das würde den Kostendruck auf die einzelnen Anbieter erhöhen und dazu führen, dass harscher gegen Schwarzfahrer vorgegangen wird.

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