Bezirk Mitte schreibt rote Zahlen: Sarrazin mosert über Mitte

Der Bezirk machte 2008 mehr Miese als jeder andere. "Nicht so gut regiert", urteilt der Finanzsenator. Bürgermeister Christian Hanke weist die Kritik zurück

Nimmt kein Blatt vor den Mund. Thilo Sarrazin Bild: AP

Der Bezirk Mitte hat sich im vergangenen Jahr tiefer als alle anderen in die Miesen gewirtschaftet. Von den zwölf Bezirken machten nur vier ein Minus; bei zweien liegt es unter einer Million Euro. Mitte aber gab 2008 fast acht Millionen Euro mehr aus als geplant. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) macht dafür das Bezirksamt unter Führung seines Parteifreunds Christian Hanke verantwortlich: "Der Bezirk ist derzeit nicht so gut regiert, als dass er seine Sache im Griff hat." Hanke wies das zurück: "Sarrazin hat nicht verstanden, wie die Situation hier ist", sagte er der taz.

Indirekt drohte Sarrazin, Mitte an die kurze Leine zu nehmen. "Vorläufige Haushaltswirtschaft" heißt diese Maßnahme, die seit Januar schon in Pankow gilt. "So kann es jedenfalls nicht weiter gehen", sagte der Finanzsenator auf die Frage, ob dem Bezirk Mitte dasselbe drohe.

Die roten Zahlen lassen sich laut Sarrazin nicht durch einen einzelnen Grund erklären. "Es hapert überall", sagte er. Als Beispiel griff er die Personalkosten heraus: Mitte sei der Bezirk, der die Einsparvorgaben in diesem Bereich am wenigsten erfülle. Sarrazin kritisierte zudem, dass in keinem anderen Bezirk die Ausgaben für Hilfen zur Erziehung so stark anstiegen wie in Mitte. In absoluten Zahlen gab der Bezirk dafür fast fünfeinhalb Millionen Euro mehr aus. Das entspricht drei Viertel des Minus' des vergangenen Jahres.

Bürgermeister Hanke verwies darauf, dass Mitte zu drei Vierteln ein sozial schwacher Bezirk ist. Es koste natürlich Geld, Schulen mit Jugendarbeit zu stärken oder die Arbeit des Gesundheitsdienstes effektiv zu gestalten. "Es ist immer einfach, nur auf die Zahlen zu schauen", sagte Hanke, "hier ist es zu einfach."

Andere als schwierig geltende Bezirke haben 2008 ein Plus gemacht. In Neukölln gab es 1,6 Millionen Euro Überschuss, in Marzahn-Hellersdorf 2,8 Millionen und in Lichtenberg sogar 4,5 Millionen Euro. "Neukölln können Sie gar nicht mit Mitte vergleichen, da gilt nur ein Drittel des Bezirks als schwierig", so Hanke.

Ausdrücklich lobte Sarrazin die Haushaltsdisziplin in Marzahn-Hellersdorf, das aus früheren Jahren einen Schuldenberg von mehr als 32 Millionen Euro vor sich her schiebt. "Die hatten mal eine Phase, wo sie stark sündigten. Da haben wir ihnen 2003 die Kasse gesperrt - das hat gewirkt", sagte der Senator.

Die Bezirke haben laut Sarrazin durchaus Anreiz, auf jeden Euro zu schauen. Denn was sie 2008 einsparten, sei nicht etwa als Überschuss in die Kasse der Finanzverwaltung gegangen, sondern im Bezirk geblieben. Umgekehrt gelte das gleiche: Der Bezirk müsse sein Defizit selbst ausgleichen- "das ist auch pädagogisch wertvoll, sonst macht sich ja keiner einen Kopf, wie das anders wird."

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