Energiepolitik: SPD verbreitet schlechtes Klima

Die Genossen können sich nicht zu einer Erklärung gegen ein neues Kohlekraftwerk von Vattenfall inn Berlin durchringen. Ein Beschluss im Umweltausschuss wird vertagt.

Da qualmt was: Kühlturm eines Vattenfallkraftwerks Bild: AP

Es hätte ein guter Tag für den Klimaschutz in Berlin werden können. Im Umweltausschuss wollten am Montag alle Fraktionen eine gemeinsame Erklärung beschließen, in der sie den von Vattenfall angekündigten Neubau eines Kohlekraftwerks in Klingenberg verurteilen. So war es geplant. Doch im letzten Moment machte die SPD einen Rückzieher. Es gebe noch Beratungsbedarf innerhalb der Fraktion, erklärte der umweltpolitische Sprecher, Daniel Buchholz. Die rot-rote Koaltion vertagte den Antrag - auf irgendwann.

Pikant ist der Vorfall deshalb, weil Buchholz selbst den Entwurf für die Erklärung geschrieben hatte. Darin heißt es: "Das Abgeordnetenhaus spricht sich gegen den Neubau eines Steinkohlekraftwerks aus." Das Projekt stehe im Widerspruch zu den klimapolitischen Zielsetzungen aller Fraktionen. "Der Senat wird gebeten, diese Position gegenüber Vattenfall deutlich zu machen." Eine handzahme Aufforderung. Doch auch das war den Oberen in der SPD wohl schon zu viel: Sie wiesen Buchholz offenbar in die Schranken. Er musste von seinem eigenen Text abrücken. Vorerst jedenfalls. "In vier Wochen haben wir vielleicht eine Beschlussempfehlung", sagte er.

Angesichts der zaudernden Sozialdemokraten gab sich die Opposition einhellig empört. "Die Richtlinienkompetenz des Regierenden Bürgermeisters verhindert ein umweltpolitisch ausgewogenes Energiekonzept, obwohl die Experten der Koalition es besser wissen", heißt es in einer Mitteilung von CDU, FDP und Grünen. "Die SPD treibt ein Doppelspiel", kritisierte Michael Schäfer (Grüne). CDU-Politiker Carsten Wilke warnte: "Wenn wir das noch einmal vertagen, nimmt Vattenfall dieses Haus nicht mehr ernst."

Dass sich Klaus Wowereit persönlich in die Geschichte eingeschaltet hat, wollten SPD-Politiker am Montag nicht bestätigen. Doch überraschen würde es nicht: Wowereit hatte schon im November gesagt: "Es ist richtig, dass ich mich nicht eindeutig gegen Klingenberg ausgesprochen habe. Alle Menschen wollen Strom haben. Wir können heute nicht sagen, dass es eine Lösung für das Problem gibt." Andere in der SPD-Spitze schrecken vor einer Absage an Vattenfall ebenfalls zurück. Auch der Landes- und Fraktionschef, Michael Müller, hatte in der Vergangenheit Bedenken geäußert. "Da geht es um eine Investitionsentscheidung von einer Milliarde Euro, mit der viele hundert Arbeitsplätze gesichert oder neu nach Berlin geholt werden können."

Für die Klimabilanz des Landes wäre ein neues Kohlekraftwerk allerdings fatal, glaubt die Opposition. Die Grünen haben ausgerechnet, dass ein Kraftwerk mit einem Verbrauch von zwei Millionen Tonnen Steinkohle pro Jahr rund fünf Millionen Tonnen CO2 ausstoßen würde - ein Fünftel der Emissionen, die Berlin derzeit verursacht.

Das Land hat zwar keine rechtlichen Möglichkeiten, ein neues Kohlekraftwerk zu verhindern. Doch auch ein politischer Appell könnte Wirkung zeigen - wenn er denn zustande käme. "Wir werden nichts gegen die Interessen der Berliner durchsetzen", sagte am Montag der Sprecher von Vattenfall Berlin, Olaf Weidner. Noch prüfe das Unternehmen alle Varianten. Eine Entscheidung werde nicht vor Ende des Jahres fallen.

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