Reaktionen auf Wowereits neue Intergrationspolitik: SPD wird sozialdemokratisch

Klaus Wowereit erhält für seinen revidierten Integrationsansatz viel Beifall aus seiner Partei. Der Türkische Bund erwartet jetzt konkrete Pläne.

Gerecht und Klaus Wowereit auf einem Bild Bild: dpa

Die Äußerungen des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) zum Thema Integration und den umstrittenen Interviewaussagen des einstigen Finanzsenators Thilo Sarrazin (SPD) stoßen bei Sozial- und IntegrationspolitikerInnen seiner Partei auf große Zustimmung. Integration sei "keine Frage von Migranten mehr, sondern von sozialen Milieus", hatte Wowereit am Dienstag bei der wöchentlichen Senatspressekonferenz gesagt. Zu der von Sarrazin in einem Interview geäußerten Ansicht, "große Teile" der türkischen und arabischen Einwanderer seien "weder integrationswillig noch integrationsfähig" und hätten "keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel", erklärte Wowereit, das sollte nicht das sozialdemokratische Menschenbild sein.

Wowereit vertrete damit "ursozialdemokratische Positionen", freut sich Raed Saleh. Der Abgeordnete ist integrationspolitischer Sprecher seiner Partei im Abgeordnetenhaus und Kreisvorsitzender der Spandauer SPD, die ein Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin beantragt hatte.

Auch Ülker Radziwill, sozialpolitische Sprecherin, lobt den Regierenden: Wowereit habe "erkannt, worum es geht: soziale Integration". Damit habe er die Richtung vorgegeben, "in die wir jetzt konsequent gehen müssen", so Radziwill.

Für Saleh hat Wowereit gar einen bundesweiten Trend gesetzt: Das nötige Umdenken betreffe längst nicht nur Berlin. "Wir können nicht mehr nach ethnischen Kriterien von Mehr- und Minderheiten reden, wenn in Großstädten längst 40 Prozent der Geburten in Einwandererfamilien stattfinden", so Saleh. Wenn Probleme wie Arbeitslosigkeit oder Jugendgewalt nicht mehr ethnisiert würden, könne endlich nach den wirklichen Ursachen geforscht werden: "Nur dann können wir die Weichen richtig stellen, damit die, den Anschluss verloren haben, ihn wiederfinden."

Auch über Wowereits Kritik an Sarrazin sind Saleh und Radziwill erfreut: Das sei "eine klare Rüge", so die sozialpolitische Sprecherin. Wowereit habe damit "den Mainstream der Berliner SPD formuliert", glaubt Saleh. Auf das Parteiausschlussverfahren würden Wowereits Äußerungen aber keinen Einfluss haben.

Das sehen nicht alle Genossen so: Zwar teile er die Positionen Sarrazins "in der vorgetragenen Form" nicht, so der Bürgermeister von Mitte, Christian Hanke, der dem rechten Flügel angehört. Es sei aber falsch, die parteiinterne Debatte in die Öffentlichkeit zu tragen. Die SPD habe andere Probleme: "Wir brauchen keine Tribunalstimmung."

Safter Cinar, Sprecher des Türkischen Bundes Berlin, begrüßt zwar sowohl Wowereits Kritik an Sarrazin wie auch dessen Umdenken in Sachen Integration. Viel Konkretes habe der Regierende Bürgermeister dazu aber noch nicht gesagt: "Das erwarten wir noch", so Cinar.

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