Klimaschutz: Streit um Pudelmützen

Politik und Verbände diskutieren mit Verve über ein Klimaschutzgesetz. Der Knackpunkt: Kommen vorgesehene Sanierungen letztlich die Mieter teuer zu stehen?

... gar nicht so einfach! Bild: AP

Das Gesetz soll Berlin zur grünsten Stadt der Republik werden lassen. Hausbesitzer sollen ihre Gebäude dämmen und erneuerbare Energien nutzen; alte Heizungen sollen modernen, effizienteren Anlagen weichen. Doch der Gesetzesentwurf, den die Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) im Mai vorlegte, ist bei Verbänden und auch beim Koalitionspartner SPD umstritten.

Die härteste Kritik kommt vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. "Die jetzige Fassung lehnen wir ab", stellt Sprecher David Eberhart klar. Die erneuerbaren Energien spielten eine zu große Rolle, außerdem komme die Wirtschaftlichkeit zu kurz. Weil Kosten für die energetische Sanierung auf die Mieter umgelegt werden können, würden diese außerdem stärker belastet.

Auch der SPD-Abgeordnete Torsten Schneider glaubt, dass die Mieter am Ende finanziell nichts von sanierten Gebäuden haben. Er befürchtet eine Verdrängung: Einkommensschwache Mieter könnten aus finanziellen Gründen in Gegenden ziehen, die mit Fernwärme versorgt werden. Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung sieht das Gesetz als Ersatz für erneuerbare Energien vor. Grundsätzlich stehe er aber hinter einem Klimaschutzgesetz, betonte Schneider. "Ich finde die Intention richtig, nur fehlt ein bisschen die Balance."

Dem widerspricht der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz: "Der Entwurf ist nicht nur richtungsweisend, sondern auch sinnvoll." So seien etwa bei Heizungen, die älter als 25 Jahre sind, nach einer Sanierung Einsparungen von 30 bis 50 Prozent üblich - sie würden Steigerungen der Kaltmiete wieder wett machen. Als Anreiz für die Sanierung kann sich Buchholz neben den Bundesmitteln, deren Nutzung auch weiterhin möglich sein soll, ein zusätzliches Landesprogramm zur Förderung vorstellen.

"Der Entwurf lässt zu viele Hintertüren offen", kritisiert dagegen Ulf Sieberg, Referent für Klimaschutz beim Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Die Ziele würden nicht reichen, um international vereinbarten Abkommen gerecht zu werden; andere Bereiche wie der Verkehr tauchten gar nicht auf.

Für die Mieter werden sich nach Einschätzung des Berliner Mietervereins Investitionen in energetische Sanierung mittel- bis langfristig rechnen. "Kurzfristig kann es schon zu Mietsteigerungen kommen", sagt Vize-Geschäftsführer Reiner Wild. Der Verband will das Klimaschutzgesetz trotzdem - und zusätzliche Unterstützung für einkommensschwache Haushalte. "Wir brauchen ein Klimaschutzwohngeld", erläutert Wild. Damit solle das normale Wohngeld aufgestockt werden. Bei ALG-II-Empfängern müsse das Amt berücksichtigen, ob die Empfänger in einer energetisch sanierten Wohnung leben und gegebenenfalls höhere Mieten übernehmen.

So weit will die Senatsverwaltung für Umwelt noch nicht denken. Wegen der Urlaubszeit wurde erst einmal die Anhörungsfrist bis zum 21. August verlängert. Bis zur Verabschiedung im Senat kann es Herbst werden, dann ist das Parlament am Zug. Auch die Senatsverwaltung mag nicht ausschließen, dass die Mieten steigen. Allerdings erklärt Sprecherin Marie-Luise Dittmar: "Klimaschutz kann es nicht zum Nulltarif geben. Nichts tun, wird irgendwann noch teurer."

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