Schlossplatz: Tiefensee droht Barockrebellen

Weil die Jury des Architektenwettbewerbs für das Stadtschloss mal gegen und mal für barocke Fassaden ist, ruft der Bauminister zur Ordnung. Entwürfe nicht überzeugend.

Knapp zwei Wochen vor der Jury-Entscheidung zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses rumort es heftig hinter den Kulissen. Am Montag griff Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) in den Architekturwettbewerb ein: Der Minister stellte klar, dass das geplante Humboldt-Forum nur in den historischen Barockfassaden und in der Größe des 1950 gesprengten Stadtschlosses wieder aufgebaut werde. "Der Bundestag hat das beschlossen. Diesen Beschluss setzen wir um."

Tiefensee reagierte damit auf Widerstände aus der Jury, die am Wochenende bekannt wurden. Sowohl der Vorsitzende des achtköpfigen Preisgerichts, Vittorio Lampugnani (Rom) als auch die Berliner Architektin Gesine Weinmiller hatten sich mit weiteren Mitgliedern des Gremiums gegen eine Barockfassade ausgesprochen. Lampugnani gab zu bedenken, dass es bessere Lösungen für die Berliner Mitte gebe "als ein altes Schloss".

Weinmiller hatte in der neuesten Ausgabe des Spiegel gepoltert: "Wer als Architekt nicht für den kompletten modernen Neubau an dieser Stelle ist, verrät seinen Beruf."

Am Montag widerrief die Architektin allerdings die Aussage. Sie betonte, dass sie den Nachbau der Barockfassaden des Stadtschlosses nicht in Frage stellen wollte. Es sei ihr zwar um die Frage gegangen, ob nicht auch ein moderner Neubau errichtet werden könne, diese Frage stelle sich für sie aber nicht, weil "der Souverän" die Wiedererrichtung der Barockfassaden verfügt habe - was sie als Jurymitglied auch akzeptiere. Das Nachrichtenmagazin blieb gestern aber bei seiner Darstellung. Weinmiller sei das Zitat vorgelegt worden, sie habe es autorisiert.

Kenner der Architekturszene vermuten, dass hinter dem Krach eine große Verunsicherung steckt. Wie die taz erfahren konnte, sollen sich unter den eingereichten Entwürfen keine besonders herausragenden Arbeiten befinden. Darüber sei das Preisgericht enttäuscht.

Auch an anderer Stelle knackt es. Noch vor zwei Jahren hatte Tiefensee den Schlosswiederaufbau mit rund 400 Millionen Euro - plus privat finanzierter Fassade für 80 Millionen - betitelt. Heute ist klar, dass das Humboldt-Forum schon 552 Millionen Euro kosten wird. Woher das zusätzliche Geld kommen soll, ist unklar. Für die barocke Disney-Fassade sind erst 17 Millionen Euro von Spendensammler Wilhelm von Boddien eingeworben worden. Das Bauministerium plant, eine Stiftung für weitere Gelder zu gründen.

Der Plan, 2010 bis 2013 das Humboldt-Forum wieder aufzubauen und als Museum und Bibliothek herzurichten, stolpert also. Er könnte gar fallen, wenn die Jury am 28. November keinen Architekten bestimmt - und den Neubau vorerst platzen lässt. ROLF LAUTENSCHLÄGER

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