Radverkehr: Tödliche Enge am Nadelöhr

Nach dem tödlichem Unfall am Tempelhofer Damm, bei dem eine Schülerin von einem Lkw erfasst wurde, fordern Anwohner eine andere Wegführung für Radfahrer. Doch der Senat mauert.

Ob liegend oder nicht: Fahrradfahren ist in Berlin gefährlich. Bild: AP

Die Trauerfeier in der Askanischen Oberschule ist vorbei, die Empörung bleibt. "Diese enge Stelle muss dringend für Radfahrer entschärft werden", sagt Anwohner Christoph Götz, Vater von vier Kindern. Auf dem Tempelhofer Damm geriet die 14-jährige Schülerin Sandra P. am 11. März mit ihrem Fahrrad unter einen Lastkraftwagen und starb. An dieser Stelle wurde schon einmal eine Schülerin von einem Lkw erfasst. Doch eine neue Radwegführung ist nicht geplant.

"Es gibt kein Konzept, an dieser Stelle etwas zu verändern", sagt Manuela Damianakis, Sprecherin bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. "Wir haben nun mal in der Stadt stark befahrene zweispurige Straßen, wo die Platzverhältnisse stark beengt sind."

Wenn Radwege plötzlich enden und auf die Straße führen, wird es gefährlich für Radfahrer - besonders auf stark befahrenen Straßen wie dem Tempelhofer Damm. Experten fordern daher, Radwege gleich auf die Straße zu verlegen, damit Autofahrer die Radler sehen. Im Haushalt ist dafür in diesem Jahr erstmals Geld vorgesehen.

Die umstrittene Fahrbahn ist ein Beispiel für eine hochgefährliche Verkehrssituation für Radler. Die Durchgangsstraße Tempelhofer Damm, von Lastkraftwagen stark befahren, verläuft in jede Richtung zwar dreispurig, die äußerste Spur ist jedoch meist zugeparkt. Radler müssen auf der mittleren Spur fahren. Doch auf der donnern schwere Lastkraftwagen entlang. Abschnittsweise gibt es am Tempelhofer Damm zwar einen Radweg, dieser endet jedoch schlagartig an der Kreuzung Alt-Tempelhof. Radler müssen sich nach dieser kritischen Einmündung die Fahrbahn mit Lastern und Pkws teilen. Kurz hinter der Kreuzung Alt-Tempelhof Richtung Süden geschah dann auch der tödliche Unfall.

"Es ist eine Todesfalle", meint die 17-jährige Schülerin Laura Weidinger. Sie wurde im Sommer 2006 an fast derselben Stelle ebenfalls von einem Lastkraftwagen angefahren, der sie zu nah überholte, ohne dabei auf die linke Spur zu wechseln. Sie stürzte nach rechts in eine Parklücke und geriet daher nicht - wie Sandra P. - unter den Anhänger. Weidinger kam mit einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus. Die Beamten vom zuständigen Polizeiabschnitt erklärten den Eltern damals, sie empfählen, an dieser Stelle "lieber auf dem Bürgersteig zu fahren".

"Das ist schon interessant, wenn örtliche Polizisten raten müssen, auf dem Bürgersteig zu radeln, was ja eine Verkehrswidrigkeit ist", sagt Roland Huhn, Rechtsreferent beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Einmündungen von Radwegen seien immer kritisch. Auch sei ein zu geringer Überholabstand der Autos auf dicht befahrenen Straßen eine häufige Beschwerde der Radfahrer, berichtet Huhn. Laut Rechtsprechung betrage der seitliche Überholabstand zu einem Radler 1,50 Meter. Dies bedeutet, dass ein Auto die Fahrbahn wechseln muss, um Radler zu überholen. Viele Autos aber versuchen auf stark befahrenen Straßen, sich ohne Spurwechsel an den Radlern vorbeizumogeln.

Ein Vorstoß der Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg im Sommer 2007 bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die Wegeführung zu verbessern, scheiterte. Wegen der beengten Platzverhältnisse wollen die überbezirklichen Stadtplaner weder einen Radweg auf dem schmalen Bürgersteig einrichten noch die Parkspur beseitigen.

Nun soll die Einmündung der Fahrradfahrer an der Kreuzung durch Markierungen "vorverlegt" werden, erklärt Oliver Schworck (SPD), Verkehrsstadtrat im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Die Notwendigkeit für Radfahrer, sich nach der Kreuzung die Fahrbahn mit Pkws und Lastkraftwagen zu teilen, bleibe jedoch, bedauert der Stadtrat. Eine Anwohnerinitiative will zu dem Thema am 16. April eine Unterschriftenaktion starten. Sie fordert: "Schwerlaster runter vom Te-Damm".

Infos zur Unterschriftenaktion: www.tema-ev.de

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