Finanzkrise und Rezession in Berlin: Zur Krise braucht es keine Bank

Thilo Sarrazin und seine Finanzministerkollegen fordern, dass beim Rettungspaket jedes Land nur für seine Bank zahlt - und Berlin hat keine mehr. Dennoch wird die Krise auf die Stadt durchschlagen.

Typische Berliner Bank: Hier ist nichts zu holen Bild: AP

In der Diskussion um das Bankenrettungspaket hat sich für Berlin eine überraschende Möglichkeit aufgetan: Das Land muss möglicherweise gar nicht jene - im schlimmsten Fall - 7 Milliarden Euro beisteuern, die bislang im Gespräch waren. Denn die Länderfinanzminister fordern offenbar ein Modell, bei dem sich jedes Land um seine Landesbank kümmert und der Bund den Rest zahlt - Berlin aber hat seine Bank 2007 verkauft. Mit dieser Botschaft kam Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) am Dienstag aus einem Gespräch mit seinen Kollegen.

Bislang sah der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, dass die Länder 35 Prozent des Rettungspakets tragen und zudem für ihre Landesbanken verantwortlich sind. "Es geht aber nicht beides", sagte Sarrazin. Der Senator gab sich entspannt - "ich bleibe da ganz gelassen" - und mochte nicht spekulieren, woher das Geld kommen soll, wenn Berlin doch zahlen muss: aus neuen Schulden oder erneutem drastischem Sparen im Landeshaushalt. Sarrazin betont seit Wochen, dass er es ablehnt, von seinem Ziel eines dauerhaft ausgeglichenen Haushalts abzugehen und neue Schulden zu machen. Am Freitag tagen Bundestag und Bundesrat, am Donnerstag soll das Abgeordnetenhaus über die Finanzkrise diskutieren.

Carl Wechselberg, Sarrazins Koalitionspartner von der Linkspartei, lehnt es dagegen ab, mögliche Zusatzausgaben Berlins zur Bankenrettung aus dem Landeshaushalt nachzusparen und bei sensiblen Bereichen wie etwa der Jugendhilfe zu knapsen. Wenn nötig, solle das Land neue Schulden aufnehmen. Angesichts des ohnehin schon gut 60 Milliarden Euro hohen Berliner Schuldenbergs klingt Wechselberg desillusioniert: "Aus eigener Kraft kriegen wir das sowieso nicht getilgt." Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) hatte bereits am vergangenen Wochenende Sparmaßnahmen als Reaktion auf die Krise abgelehnt und vom Bund ein Konjunkturprogramm gefordert, das Berlin selbst nicht leisten könnte.

Doch selbst wenn in den abschließenden Beratungen zwischen Bund und Ländern die Länder tatsächlich durchsetzen können, dass sie zum Rettungspaket nichts beisteuern müssen, was über ihre Landesbanken hinausgeht: Berlin wird wie alle anderen Länder unter einer Wirtschaftskrise zu leiden haben. Vielleicht sogar schneller als erwartet: Denn treffen die Prognosen einiger führender Wirtschaftsinstitute zu, schlittert Deutschland gerade in eine Rezession. Zwar hat Berlin geringere Exportquoten als andere Bundesländern, aber es ist auf die Steuereinnahmen über den Bund angewiesen, und die würden bei einer Stagnation viel geringer ausfallen als erwartet.

Von einem Wachstum von gerade einmal 0,2 Prozent im kommenden Jahr gehen die Experten in ihrem Herbstgutachten aus. Rolf Kroker, Leiter des Bereichs Wirtschaftspolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft, sagte: "Über den Daumen gepeilt kann man sagen, dass 1 Prozent weniger beim Bruttoinlandsprodukt auch 1 Prozent weniger Steuereinnahmen bedeutet."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.