Türken gegen Kurden gegen Türken: Zusammen raufen, getrennt reden

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will eine weitere Eskalation des Konflikts zwischen Türken und Kurden verhindern. Deshalb lädt er Vertreter beider Seiten zu einem Gespräch - vorsichtshalber an getrennten Terminen.

Sieht nicht jeder gern: Demonstrierender Kurde in Berlin Bild: AP

Die Einladung kam kurzfristig: Von Dienstag stammt das Schreiben, mit dem Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zehn türkische Vereine zu einem Treffen am heutigen Donnerstag bittet. Es soll darum gehen, gemeinsam Gewalt zwischen Türken und Kurden zu verhindern, schreibt der Senator.

Deshalb erhielten auch acht kurdische Vereine exakt die gleiche Einladung. Mit einem Unterschied: Sie bittet der Innensenator einen Tag später an den runden Tisch.

Am Samstag hatten zunächst Kurden friedlich gegen das türkische Militär protestiert, das Stellungen der kurdischen Separatistenorganisation PKK im Nordirak bekämpft. Am Sonntag hatten dann Türken auf dem Hermannplatz gegen die PKK demonstriert. Einige der 1.200 Teilnehmer hatten sich anschließend zum Kottbusser Tor bewegt. Dort kam es nach heftigen Ausschreitungen zu mehreren Festnahmen. Mehrere Polizisten und Demonstranten waren verletzt worden. Für Freitag ist eine weitere Kundgebung linker türkischer und kurdischer Gruppen am Kottbusser Tor geplant.

Der Beschwichtigungsversuch des Innensenators stößt nicht bei allen Eingeladenen auf Wohlwollen. Kritik kommt vor allem von türkischer Seite. Hinter der getrennten Einladungspraxis stecke die Vorstellung, dass die Vertreter der beiden Gruppen verfeindet seien, vermutet Ahmet Iyidirli, Vorsitzender der Föderation türkischer Sozialdemokraten (HDF). Das sei aber nicht so. "Ich rede jeden Tag mit kurdischen Freunden", sagt auch Kemal Ertekin vom Türkisch-Deutschen Unternehmerverband (TDU). In seinem Verein gebe es viele kurdische Mitglieder, wie viele genau, das könne er nicht sagen: "Es kommt niemand auf die Idee, danach zu fragen!" Die getrennte Einladung sei eine "unnötige Polarisierung", meint Ertekin: "Solche Trennung ist genau das, was die PKK sich wünscht."

Aufseiten der Kurden-Vereine ist man gelassener. Fevzi Aktas vom Kurdistan Kultur- und Hilfsverein begrüßt Körtings Schritt: "Es wird spätestens dann weitere Eskalationen geben, wenn die Türkei im Irak einmarschiert", fürchtet er. Deshalb müsse es Gespräche geben: "Zuerst getrennt, später mit allen zusammen."

Er könne sich vorstellen, dass mancher der türkischen Kritiker in dem separaten Termin eine Aufwertung der Kurdenorganisationen sähen, meint Riza Baran von der Kurdischen Demokratischen Gemeinde. Von ihm aus könne man sich gleich zusammensetzen, so Baran: "Ich kann mir aber vorstellen, dass das manche türkischen Vereine nicht wollen."

Für die konservative Türkische Gemeinde Berlin trifft das zu. Deren Sprecher, Celal Altun, plädiert zwar für gemeinsame Gespräche: "Aber nur mit Organisationen, die der PKK nicht nahe stehen." Das treffe nur für einen der acht eingeladenen kurdischen Vereine zu.

"Wir sind alle Bürger dieser Stadt und nicht Vertreter von Parteien aus dem Herkunftsland", sagt Riza Baran. Gemeinsam mit dem Türkischen Bund Berlin (TBB) veröffentlichte seine Organisation am Dienstag eine Erklärung, in der die Ausschreitungen verurteilt und alle "türkischen und kurdischen Berlinerinnen und Berliner" sowie "alle politischen Gruppen, Vereine, Organisationen, Medien" aufgefordert werden, sich "für ein friedliches Miteinander und gegen Gewalt" einzusetzen.

Und die Übereinstimmungen gingen noch weiter, meint Safter Cinar vom TBB: Wenn Körting in den bevorstehenden Gesprächen wieder mit Ausweisungen drohe, habe er im Zweifelsfall Türken und Kurden gemeinsam gegen sich. Doch dazu wird es wohl nicht kommen: Ein gemeinsames Treffen kurdischer und türkischer Vereine sei bisher nicht geplant, teilt die Innenverwaltung mit.

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