Propaganda der DDR

Das Anne Frank Zentrum untersucht, wie die DDR mit der Geschichte des jüdischen Mädchens umging

Erstmals beschäftigt sich eine Ausstellung mit der Wahrnehmung des weltberühmten Tagebuchs der Anne Frank im SED-Staat. Unter dem Titel „Anne Frank und die DDR. Politische Deutungen – persönliche Lesarten“ zeigt das Anne Frank Zentrum, wie widersprüchlich das untergegangene kommunistische Regime die Lebensgeschichte des jüdischen Mädchens behandelte und für sich instrumentalisierte. Die Ausstellung ist bis 30. November zu sehen.

1957 erschien die erste DDR-Lizenzausgabe des „Tagebuchs der Anne Frank“. Bereits vier Jahre zuvor war das Buch in Westdeutschland veröffentlicht worden. Trotz der Verzögerung „hatte die DDR schnell begriffen, dass sie die Lebensgeschichte Anne Franks politisch gut für sich nutzen konnte“, sagt der Direktor des Anne Frank Zentrums, Thomas Heppener.

Den Anstoß für die aktuelle Ausstellung gab Heppener zufolge die Verbrennung des „Tagebuchs der Anne Frank“ durch Rechtsextreme im sachsen-anhaltischen Pretzien im Sommer 2006. Polizisten hatten die Buchverbrennung damals als Sachbeschädigung deklariert, weil sie das „Tagebuch der Anne Frank“ nicht kannten. „Wir wollten wissen, wie bekannt war Anne Frank in der DDR wirklich? Und, was wenige hinterfragen: War es ein antifaschistischer Staat?“, betont Heppener.

So zeigt die Schau, wie das Schicksal der Anne Frank vom SED-Regime teilweise zur Propaganda missbraucht wurde. Im offiziellen Sprachgebrauch war die Jüdin nicht etwa ein Opfer des Antisemitismus, sondern ein „Opfer des Imperialismus“. Und weil dieser, der herrschenden Ideologie zufolge, gleichbedeutend mit dem Begriff Kapitalismus war, wurde ihre Lebensgeschichte als indirekte Kritik gegen die Bundesrepublik und die gesamte westliche Welt gewendet. Bis zum Mauerfall verknüpften DDR-Zeitungen den Namen Franks mit Hinweisen auf „Neofaschismus in der BRD“. DDP

Anne Frank Zentrum, Rosenthaler Straße 39, Mitte, annefrank.de