Gasag will mehr Geld

Politiker kritisieren die Preiserhöhung der Gasag. Konkurrenz rechnet mit deutlichem Kundenzuwachs

Die Berliner Gaswerke erhöhen die Preise. Zum Jahreswechsel kostet das Gas von Berlins größtem Anbieter durchschnittlich 7,5 Prozent mehr. Egal, welchen Vertragstyp der Kunde gewählt hat, berechnet die Gasag pro Kilowattstunde Gas 0,4 Cent mehr als bislang. Der Kostenkalkulator auf der Internetseite des Anbieters rechnet vor: Wer mit seiner Familie in einer 80 Quadratmeter-Altbauwohnung lebt, muss Mehrkosten von rund 60 Euro pro Jahr verkraften.

Verbraucherschutz-Senatorin Katrin Lompscher (Linke) kündigte an, sich an den Vorstand des Unternehmens zu wenden, um die Gründe der Preiserhöhung zu erfragen. Lompscher forderte außerdem, „die Preisentwicklung muss für den Verbraucher transparenter werden“. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) bezeichnete die Preiserhöhung als „nicht nachvollziehbar“. Er empfahl allen Gas-Kunden, „sich genau über die verschiedenen Anbieter zu informieren und gegebenenfalls zu wechseln“.

In einem Brief an seine 640.000 Kunden bezeichnet die Gasag die Preiserhöhung als „schmerzlich“, begründet sie aber damit, dass der Konzern auf dem Gas-Markt selbst mehr für den Einkauf bezahlen müsse. Noch im April hatte die Gasag die Tarife gesenkt. Wegen des stark gestiegenen Ölpreises, an dem sich die Kalkulation für Gas orientiert, habe man die Kosten auf den Verbraucher umwälzen müssen. „Langfristig muss man sich wegen der hohen Erdöl-Nachfrage auf höhere Preise einstellen“, sagte ein Sprecher. Er verwies darauf, dass die Gaskosten für die Kunden in den vergangenen zehn Jahren deutlich gesunken seien. Im Ländervergleich stehe Berlin sogar an letzter Stelle.

Der Sprecher für Verbraucherschutz der Grünen im Abgeordnetenhaus, Michael Schäfer, kritisierte die intransparente Kostenberechnung. Auch liege „der Preisanstieg für die Kunden weit höher als die Preise für den Gas-Import“. Klaus Vetter vom Berliner Mieterverein bezeichnete den Preisanstieg als „dramatisch, weil er neben steigenden Strom- und Benzinpreisen, stagnierenden oder steigenden Mieten und zum Teil sinkenden Einkommen den Bürger noch stärker belastet“.

Die Konkurrenten Nuon und Lichtblick sehen derzeit keinen Anlass, die Kunden stärker zu belasten als bislang. Nach Nuon wird ab Januar auch der Biogas-Anbieter Lichtblick mit derzeit 1.200 Kunden eigenen Berechnungen zufolge billiger liefern als der Großkonkurrent. Ein Lichtblick-Sprecher sagte, „wir rechnen wegen der Preiserhöhung der Gasag mit einem deutlichen Kundenzuwachs in den nächsten Monaten“. Gasag-Kunden dürfen innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe der Preisänderung Einspruch erheben und den Vertrag kündigen.

SVEN BEHRISCH