Nummern für vermummte Polizei

Die Kennzeichnung für das Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei kommt. Die Linke verkauft dies als ihren Erfolg, um bei der anstehenden Änderung des Polizeigesetzes das Gesicht zu wahren

VON PLUTONIA PLARRE

Die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte wird scheibchenweise Wirklichkeit. Spätestens im Frühjahr 2008 sollen nun auch die rund 100 Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) an ihrer Kleidung ein Nummernschild mit einer individuellen Kennung tragen. Die Aufnäher mit den römischen und arabischen Ziffern sind nach Angaben von Polizeisprecher Bernhard Schodrowski bereits im September bestellt worden. Von der Maßnahme erhofft sich Bürgerrechtler, Polizeibeamte, die im Dienst eine Körperverletzung begehen, leichter identifizieren zu können.

Dass Polizisten ein Namen- oder Nummernschild tragen sollen, fordern Bürgerrechtsgruppen seit Jahrzehnten. Das Vorhaben scheiterte in der Vergangenheit jedoch am erbitterten Widerstand der früheren Polizeiführungen und -gewerkschaften. Erst unter der rot-roten Landesregierung, die seit sechs Jahren an der Macht ist, hat sich etwas bewegt. Allerdings nicht genug, wie die Grünen zu recht meinen. Denn von den rund 16.000 Vollzugsbeamten tragen bisher nur rund 10.000 Polizisten Namensschilder, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) im Juli im Innenausschuss.

Die wichtigste Gruppe – die sogenannten geschlossenen Einheiten – sind jedoch noch nicht individuell gekennzeichnet. Dabei sind gerade diese Beamten im Einsatz nicht voneinander zu unterscheiden, wenn sie die Visiere ihrer Helme heruntergeklappt haben. Die einzige Neuerung bei der Bereitschaftspolizei erfolgte im August 2005. Seitdem sind die jeweils aus sieben Beamten bestehenden einzelnen Gruppen identifizierbar. Früher waren nur die einzelnen Züge – also rund 40 Beamte – für Außenstehende zu unterscheiden.

Seine Weigerung, eine Einzelkennung für die geschlossenen Einheiten einzuführen, begründete Polizeipräsident Dieter Glietsch stets mit den Worten: Ihm sei in seiner Amtszeit kein Fall bekannt geworden, in dem ein Polizist nur deshalb nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte, weil er nicht identifizierbar war. Glietsch steht damit im Wort: Am diesjährigen 1. Mai wurde die Begleiterin einer Journalistin in Kreuzberg von Uniformierten zusammengeschlagen. Voraussichtlich Ende 2007 wird dazu der Bericht des Polizeipräsidenten über den Ausgang des Ermittlungsverfahrens – und mögliche Konsequenzen für die Kennzeichnung der geschlossenen Einheiten – im Innenausschuss erwartet.

Dass die Beamten des SEK nun Nummern bekommen, hatte Glietsch bereits im November 2006 angekündigt. Der Hintergrund: Keiner der SEK-Beamten, die im August 2005 beim Großeinsatz gegen Hooligans in der Friedrichshainer Diskothek „Jeton“ zahlreiche Gäste brutal verprügelt hatten, konnte identifiziert werden.

Nun versucht sich der Vorstand der Linkspartei als treibende Kraft für die Kennzeichnung des SEK zu verkaufen – ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem die Partei über die geplante und vom Innenausschuss bereits beschlossene Änderung des Polizeigesetzes ASOG zerstritten ist. Offenbar soll die SEK-Kennzeichnung parteiinternen Kritikern als Bonbon verkauft werden, die die weitreichenden Änderungen des ASOG mitzutragen.

Hauptkritikerin des neuen Polizeigesetzes ist die linke Abgeordnete Evrim Baba. Ihr gehen die Änderungen des ASOG zu weit, weil damit wichtige Bürgerrecht eingeschränkt würden. Sie hat bislang offengelassen, ob sie die Gesetzänderung am kommenden Donnerstag zusammen mit der SPD im Abgeordnetenhaus durchwinken will. Bleiben sie und eine weitere Kritikerin in der Fraktion bei ihrer bisherigen Haltung, droht die erste Abstimmungsniederlage für Rot-Rot in dieser Legislaturperiode, denn die Opposition will geschlossen gegen das Gesetz stimmen.