Neue Problemquartiere vor allem im Westen

Mit Spandau und Reinickendorf gibt es neue Problemregionen in Berlin. Zu den Gewinnern gehören Zehlendorf, Köpenick, aber auch Pankow. Kreuzberg hat sich teilweise stabilisiert, Wedding, Neukölln und Moabit stehen am Ende

Zuerst die gute Nachricht: Kreuzberg hat es geschafft. Nicht nur die angesagten Straßen im Bergmannkiez haben eine stabile Prognose, sondern auch der Wrangelkiez im ehemaligen SO 36. Stabil, das heißt in der jüngsten Untersuchung zur sozialen Stadtentwicklung in Berlin, dass sich die sozialen Indikatoren in der Zukunft nicht verschlechtern werden. Das gilt sowohl für die Bergmannstraße, die in Kategorie 2 von vier Kategorien steht, als auch für den Wrangelkiez, der mit der Nummer 3 nicht mehr zu den Schlusslichtern gehört.

Nun die schlechte Nachricht. Kreuzberg ist eine Ausnahme. „Wedding und Neukölln sowie Moabit haben Kreuzberg als Gebiet mit der höchsten Problemdichte abgelöst“, schreibt das Autorenteam unter Leitung des Stadtsoziologen Hartmut Häußermann, das die Stadt in 310 statistische Zellen unterteilt hat.

Quartiere in der schlechtesten Kategorie 4 gibt es außer im Norden von Marzahn und Hellersdorf demnach im gesamten Altbaubereich von Neukölln, im westlichen, nördlichen und östlichen Moabit sowie nun auch im nördlichen Wedding. Mehr noch: Fast alle dieser Quartiere haben neben ihrer 4 auch noch ein Minus. Im Gegensatz zum Plus/Minus in der Bergmannstraße und im Wrangelkiez heißt das, dass sich die Situation in Zukunft noch weiter verschlechtern wird.

Häußermann hat in seiner jüngsten Untersuchung der sozialen und räumlichen Entwicklung Berlins vor allem soziale Daten ausgewertet: Arbeitslosenquote, Empfänger von Transferleistungen, Kinderarmut. „Der Anteil an ausländischer Bevölkerung spielte für uns keine Rolle, weil das nicht der entscheidende Indikator für die Zukunft eines Quartiers ist“, sagt der Stadtsoziologe.

Das zeigt sich unter anderem in Spandau, das neben Reinickendorf zu den neu auf der Karte aufgetauchten Problemquartieren gehört. Dort konzentrieren sich die Probleme außer in den Großsiedlungen vor allem im Altbauquartier der Neustadt. Bei der Wilhelmstadt, wie die Neustadt auch ein Einwandererquartier, steht noch eine beruhigende 2 – allerdings mit einem dicken Minus dahinter.

Wo aber sind nun die Gewinnergebiete? Zunächst da, wo man sie auch vermutet: in Zehlendorf, Steglitz, Frohnau und Köpenick. Zu Kategorie 1 gehören auch die Einfamiliensiedlungen im Osten wie Kaulsdorf und Biesdorf. Aber auch Pankow hat sich vom armen Berlin abgesetzt. Sieht man vom Quartier rund um die Storkower Straße ab, gibt es nur noch Zweien und Einsen. Manche Quartiere wie Heinersdorf und Blankenburg haben sogar zu Zehlendorf aufgeschlossen.

Die entscheidende Frage in den nächsten Jahren wird sein, wie sich die statistische Mitte mit der Nummer 2 entwickelt, die immerhin 60 Prozent aller Quartiere ausmacht. Wird sie aufschließen zur 1 oder abrutschen in die Problemquartiere mit der 3 und der 4?

Aufschlussreich ist hier, dass von 191 Quartieren mit der Nummer 2 nur 25 ein Plus und 26 ein Minus haben. 140 Gebiete mit dem Mittelwert 2 dagegen haben ein Plus/Minus und bleiben damit auch in Zukunft stabil.

UWE RADA