Wedding wird Seuchengebiet

In Wedding entsteht ein Hochsicherheitslabor für die Forschung an gefährlichen Viren wie Ebola und Sars. Grüne Abgeordnete kritisiert den Standort in der Innenstadt

Das Robert-Koch-Institut darf in Wedding ein Hochsicherheitslabor für Viren bauen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) hat den Bauantrag genehmigt, wie am Dienstag bekannt wurde. Grundsteinlegung soll im Sommer 2009 sein; ab 2011 werde der Betrieb in dem Gentechnik-Labor der höchsten Sicherheitsstufe aufgenommen, sagte Susanne Glasmacher, Sprecherin des Robert-Koch-Instituts in Berlin. Bereits vor drei Jahren hatte das Institut die Pläne dafür angekündigt.

In dem rund 200 Quadratmeter großen Labor an der Seestraße sollen nicht nur neue Untersuchungsmethoden und Impfstoffe gegen tödliche Krankheiten entwickelt, sondern auch akute Erkrankungen diagnostiziert werden. Der Standort Wedding kommt nicht von ungefähr: Wer sich etwa mit dem gefährlichen Ebola-, Sars- oder Lassa-Virus angesteckt hat, wird in der Regel in der Sonderisolierstation des Virchow-Klinikums der Charité behandelt. Ohne eine Straße überqueren zu müssen, können in Zukunft Proben in dem benachbarten neuen Labor untersucht werden.

„Dieses Labor wird eine große Bedeutung für den Wissenschaftsstandort Berlin haben“, sagte Glasmacher. Nur in Hamburg und Marburg existieren bereits Gentechnikanlagen der Sicherheitsstufe 4 – die höchste, die es gibt. Mit über 450 gentechnischen Anlagen ist Berlin das bundesweit größte Zentrum der Genforschung.

Gentechniklabore der Sicherheitsstufe 4 müssen besondere Sicherheitsstandards erfüllen: Betreten können die Mitarbeiter diese nur über eine Schleuse mit drei Kammern – und das auch nur in in Ganzkörperanzügen, die nach der Arbeit mit Desinfektionsmitteln gereinigt werden. In dem Gebäude herrscht ständiger Unterdruck, damit die Erreger nicht nach außen dringen können, wenn die Schleuse geöffnet wird.

Die grüne Abgeordnete Claudia Hämmerling kritisierte den Standort: Mitten in der Stadt sei man vor Terroranschlägen weniger geschützt als etwa in einem von der Bundeswehr abgeschirmten Grundstück auf dem Lande. „Wohl ist mir dabei nicht“, sagt Hämmerling der taz.

Glasmacher sieht keine Gefahr von Terroristen ausgehen: „Bei diesen geringen Mengen an Viren ist das die Mühe nicht wert.“ Die Kleinstmengen würden im Freien nicht lange überleben; außerdem würden die Bezeichnungen der Erreger verschlüsselt und nur für Mitarbeiter identifizierbar.

Die größte Gefahr gehe von Fehlern der Laborarbeiter aus, sagte René Hoffmann von der Lageso. Doch sei auch diese minimiert, da nur Forscher ausgewählt würden, die eine strenge Prüfung bestehen. Auch ein Notfallplan liege schon vor. 110 Millionen Euro soll die komplette Anlage kosten. Der Bund finanziert sie. BENJAMIN VON BRACKEL