… Berlins Grundschüler?
: Protestformen erproben

„Nein, das lassen wir uns nicht gefallen“, dachten sich 200 Schüler der Löcknitz-Grundschule in Schöneberg – und gingen auf die Straße. Von 24 Lehrern fehlen derzeit sechs, drei sind langfristig erkrankt. Es herrscht akuter Lehrernotstand. Also: Protest! Was andere können, können wir auch! „I want you for teacher“ stand auf den Plakaten, die die ein wenig traurig dreinblickenden Schüler in die Höhe hielten. Fast könnte man Mitleid haben: niemand, der mit ihnen rechnet, singt und malt. Ob in diesem Jahr überhaupt die Weihnachtsbasteleien stattfinden? Die armen Kinder! So friedfertig, so zart und unschuldig.

Oder doch nicht? Wie passt denn diese Meldung dazu? Da hat ein neunjähriger Drittklässler der Ludwig-Cauer-Grundschule in Charlottenburg eine, na ja, etwas andere Form des Protests gewählt als die Gleichaltrigen ein paar Ecken weiter. Es heißt, er sei durchgedreht und habe drei Lehrer provoziert, beleidigt und geohrfeigt. Erst den Mathe-Lehrer, schließlich zur Krönung des Tages den Sozialarbeiter und die Sportlehrerin. Das Motto dieses Schülers war wohl eher: „I want you for beating, teacher.“ Jetzt hat man ihn vom Unterricht ausgeschlossen.

Nach dem Krawall im Klassenzimmer hat auch die zuständige Polizeibehörde die Ermittlungen aufgenommen. Denn inzwischen gibt es sogar eine Anzeige. Allerdings: nicht gegen den Schüler, sondern gegen einen der Lehrer. Gestellt hat sie die Mutter des Neunjährigen. Aber ob wirklich immer nur die Lehrer schuld sind? Die fehlenden Lehrer in Schöneberg jedenfalls werden kaum schneller wieder in der Schule auftauchen, wenn sie solche Geschichten hören.

Für die jungen Protestler der Löcknitz-Grundschule dennoch kein Grund, in Panik auszubrechen. Denn die Ausfälle von Lehrern dürften zumeist wohl andere Gründe haben als prügelnde Drittklässler – trotz 628 Gewaltvorfällen an Grundschulen im letzten Jahr. TGO FOTO: AP