Stolpersteine vor Tonsberg-Laden

Vor dem rechten Laden in der Rosa-Luxemburg-Straße in Mitte wird nun an Holocaust-Opfer gedacht

Siebzig Menschen schweigen. Sie alle haben denselben Gesichtsausdruck, die Mundwinkel nach unten gebogen, der Blick schweift in die Ferne. Eine hochschwangere Frau ist auch in der Menge. Sie erwartet im Oktober ihr Baby. „Wir sind zum Kämpfen hier“, sagt sie. „Ich wohne in dieser Straße und will nicht mitansehen, dass hier ein Laden ist, der Naziklamotten verkauft.“

Vergangenen Donnerstag haben sich die 70 Demonstranten versammelt. Einmal, um gegen den Tonsberg-Laden in der Rosa-Luxemburg-Straße zu protestieren. Zum anderen, um an der Gedenkfeier für die sieben Holocaust-Opfer teilzunehmen, die einst hier lebten. Für die Gedenkfeier hat die „Initiative Mitte gegen Rechts“ Stolpersteine organisiert. Die Stolpersteine sind in den Bürgersteig eingelassene Betonsteine. Sie sind zehn mal zehn Zentimeter groß und besitzen eine Messingoberfläche. Ein Stolperstein kostet 95 Euro.

Die Initiative hat die sieben Stolpersteine mit Spendengeldern beschafft. Anwohner- und Gewerbetreibende und die Partei Die Linke haben gespendet. Die Namen der Opfer wurden am siebten Juli auf die Steine graviert, die vor der Hauseingangstür in den Bürgersteig der Rosa-Luxemburg-Straße 18 verlegt wurden. Alle sieben wurden deportiert und ermordet. „Ich wünsche niemandem zu stolpern. Aber über die Biografie der Opfer, hoffe ich, stolpert jeder“, sagte der Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) während der Einweihung.

Nebenan stehen zwei junge Frauen. Sie schauen aus dem Tonsberg-Laden, rauchen und kichern. Die Veranstaltung finden sie überspitzt. Seit Februar verkauft das Modelabel Thor Steinar in der Rosa-Luxemburg-Straße in Mitte im Tonsberg-Laden Kleidung. Kritiker werfen der Marke vor, dass sie gezielt rechtsextremistische Bedürfnisse anspricht. Der brandenburgische Verfassungsschutz bezeichnet sie sogar als „identitätsstiftendes Merkmal von Rechtsextremisten“.

HATICE KILICER