Eltern im Protest

Immer noch ist an vielen Förderschulen die besondere Betreuung behinderter SchülerInnen nicht gewährleistet

Drei Wochen nach Schulbeginn fehlen immer noch Schulhelfer für geistig oder körperlich behinderte Kinder an vielen Berliner Schulen. Es handele sich um mindestens 50 Fälle, schätzt Urs Elssel von Tandem, Berlins größtem Träger zur Ausstattung von Schulen mit Schulhelfern. Schulhelfer betreuen Kinder, die besondere Pflege oder Unterstützung benötigen. Ihr Einsatz muss jährlich bei den Bezirken beantragt werden. Die Anträge werden dann geprüft und an den Senat weitergeleitet.

Für Doreen Kröber, Elternvertreterin an einer Lichtenberger Förderschule und selbst Mutter eines autistischen Kindes, ist die schleppende Bearbeitung der Anträge durch den Senat ein Skandal: „Wir Eltern fühlen uns verraten und verkauft.“ Mit anderen Betroffenen engagiert sich Kröber im „Netzwerk Förderkinder“ für die schulische Förderung behinderter Kinder. Dessen Einsatz ist es zu verdanken, dass die Verordnetenversammlung des Bezirks Lichtenberg, wo mindestens zehn Schulhelfer fehlen, am Donnerstag beschloss, den Senat dazu aufzufordern, entsprechende Anträge „unverzüglich“ zu bearbeiten.

Ob das hilft, bezweifelt Frank Schmidt, ebenfalls betroffener Vater. Seine Tochter besucht die siebte Klasse einer Förderschule in Spandau. Die zehn Helferstunden, die für sie vergangenes Schuljahr bewilligt wurden, sollen sich in diesem Jahr drei Kinder teilen. Auch für weitere autistische oder körperbehinderte SchülerInnen gab es „gravierende Einschnitte“, berichtet Schmidt. Obwohl die Senatsverwaltung schon vor knapp zwei Wochen Nachbesserungen versprochen habe, sei bislang nichts passiert. Seit Tagen wendet Schmidt sich deshalb „nahezu stündlich“ an die Behörde. Einzige Reaktion bisher: Man habe ihm mitgeteilt, die zuständige Sachbearbeiterin sei erkrankt. Derzeit würden die Anträge von einer statt zwei MitarbeiterInnen bearbeitet, bestätigte die Bildungsverwaltung der taz.

Schmidt schrieb auch einen offenen Brief an den zuständigen Senator Jürgen Zöllner (SPD). Er äußert darin scharfe Vorwürfe: Behinderte Kinder in Berlin würden unmittelbar diskriminiert, weil die Stundenzahlen für Schulhelfer gekürzt würden. Schmidt forderte den Senator erneut auf, sämtlichen Anträgen stattzugeben und sofort Personal bereitzustellen. „So lange wird unser Protest nicht enden.“

Die nächste Aktion der Eltern verlangt gute Kondition: Am kommenden Wochenende wollen sie beim Marathon mitlaufen und mit Schriftzügen auf T-Shirts auf ihre Probleme aufmerksam machen. ALKE WIERTH