Senat nimmt Urteil über Gebete in Schulen nicht hin

BILDUNG Land legt Berufung ein. Zöllner will die Angelegenheit „zweifelsfrei klären lassen“

Das Land Berlin legt gegen das sogenannte Gebetsraumurteil Berufung ein. Das teilte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) am Donnerstagabend mit. Zur Begründung sagte er: „In diesem konkreten Einzelfall bewerte ich die Glaubwürdigkeit des Klägers anders als das Gericht.“ Auch die Zumutbarkeit der Zusammenlegung der Gebete bewerte er anders. Daher sei er der Meinung, dass die Schule richtig gehandelt hat. Zöllner sieht sich Berliner Schulen gegenüber in der Pflicht, die Sache „zweifelsfrei klären zu lassen“.

Das Ende September ausgesprochene Urteil hatte einem 16-jährigen Schüler des Diesterweg-Gymnasiums in Mitte das Recht zugesprochen, auch in der Schule die im Islam vorgeschriebenen Gebete zu verrichten. Das Gebet dürfe allerdings nur in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden und zudem keine „konkreten und unzumutbaren Beeinträchtigungen des Schulbetriebs“ verursachen, so das Gericht. Vorausgegangen war dem Prozess ein Streit an der Weddinger Schule, wo muslimischen Schülern das Beten auf dem Schulflur untersagt worden war.

Das Urteil, das allgemein als Verpflichtung der Schule begriffen wurde, einen Gebetsraum für muslimische Schüler einzurichten, hatte für viel Empörung gesorgt. Kritiker sahen die religiöse Neutraliät von Schulen gefährdet. Dies sah das Gericht deutlich anders: Die Neutralitätspflicht verlange die Zurückhaltung des Staates, gebiete jedoch keineswegs, prinzipiell gegen religiöse Betätigungen Einzelner vorzugehen, hieß es in einer Erklärung des Gerichts. ALKE WIERTH