Semesterbeginn an der FU: Köhler lässt Studis durchleuchten

Zum Semesterauftakt wird der Bundespräsident an der FU die Eröffnungsrede halten. Um Tumulte wie in der Vergangenheit auszuschließen, werden Gäste sicherheitsüberprüft. Das sorgt für Ärger.

Gute Freunde: Bundespräsident Horst Köhler (links) und FU-Präsident Dieter Lenzen Bild: AP

Zumindest das FU-Präsidium freut sich. Am 5. November wird Bundespräsident Horst Köhler einen Redebeitrag im Rahmen der feierlichen Immatrikulation halten. Auf der jährlich zum Beginn des Wintersemester stattfindenden Feier heißt die Universität ihre neuen Studierenden willkommen. Dass dafür auch Promis aus Politik, Entertainment oder Wirtschaft angeheuert werden, ist nicht neu. Neu ist jedoch, dass dieses Jahr nur die Personen Zutritt zur Veranstaltung erhalten, die einer vorausgehenden Überprüfung ihrer Personalien zustimmen.

In der Einladung, die alle Erstsemester erhalten haben, heißt es: "Die von Ihnen gemachten Angaben [werden] dem Bundespräsidialamt zur Sicherheitsprüfung aller angemeldeten Gäste zur Verfügung gestellt." Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) ist empört: Damit wird ein öffentlicher Raum durch einen Akt der Zensur vernichtet." Zudem sei nicht einmal bekannt, was mit den gesammelten Daten geschehe und ob diese wieder gelöscht werden.

Kritik kommt nicht nur von den Studierenden. Auch der Universitätsdatenschutzbeauftragte Ingrid Pahlen-Brandt bereiten die Vorgänge rund um die Veranstaltung Bauchschmerzen. Der "übertriebene Sicherheitswahn" bringe mehrere rechtlich bedenkliche Dinge mit sich, die derzeit noch geprüft werden.

Beim Bundespräsidialamt kann man die Aufregung nicht verstehen. Eine Sprecherin erklärte der taz, dass die Daten zurzeit durch das Bundeskriminalamt überprüft werden. Zwar räumte sie ein, dass als Folge der Überprüfung der Ausschluss einzelner Gäste von der Veranstaltung möglich sei - etwa wenn diese vorbestraft seien, es sei aber nicht davon auszugehen, dass die gesammelten Daten über die Veranstaltung hinaus gespeichert würden.

Der aktuelle Streit hat eine Vorgeschichte. Namentlich das Verhältnis zwischen Studierenden und dem Universitätspräsidium ist zerrüttet. So war es FU-Präsident Dieter Lenzen, der bewaffnete Wachschützer an die Uni holte, um streikende Studierende im Winter 2003 vom Campus zu werfen. Als Lenzen im selben Jahr die Hochschulverträge mit dem Senat unterzeichnete, wurde er von den Studierenden für zahlreiche Mittelkürzungen verantwortlich gemacht. Auf einer studentischen Vollversammlung forderte die Mehrheit der Studierenden Lenzen zum Rücktritt auf.

Die Immatrikulationsfeier ist seit Jahren die einzige Veranstaltung, auf der der linke Asta auf den FU-Präsidenten trifft. Beidseitige Verbalattacken blieben dabei in der Vergangenheit oft nicht aus. Doch studentische Kritik blieb oft nicht bei Worten. So bekam Hans-Olaf Henkel, Expräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie und Befürworter von Studiengebühren, zum Dank für sein Grußwort 2001 eine Torte ins Gesicht. Sein Redebeitrag ging anschließend in einem Pfeifkonzert unter.

Im letzten Jahr stand die Immatrikulationsfeier ganz im Zeichen der wenige Tage zuvor gewonnenen Auszeichnung der FU als sogenannte Elite-Universität. Lenzens erster großer öffentlicher Auftritt nach dem Bekanntwerden der Entscheidung versank allerdings im Chaos. Studierende protestierten so lautstark gegen Elitebildung, dass vom präsidialen Redebeitrag kaum ein Wort zu verstehen war. Zu allem Überfluss wurden auch noch Stinkbomben gezündet. Sichtlich verärgert verließ Lenzen zuerst das Redepult und anschließend den Saal. Zurück blieben einige Flugblätter mit der Aufschrift "Elite stinkt!".

Ob es dieses Jahr zu Protestaktionen kommen wird oder ob potenzielle Protestierende am Türsteher scheitern, bleibt offen. Die hochschulpolitische Asta-Referentin Claudia Wrobel glaubt nicht daran, dass sich der Protest aussperren lässt. "Dass an einer Hochschule, die die Freiheit im Namen trägt, eine kritische Öffentlichkeit ausgesperrt werden soll, ist ein Skandal", sagt sie.

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