Kommentar: Obama als Missverständnis

Sollte ein türkischstämmiger deutscher Politiker wie der Grüne Özcan Mutlu, der von der Landes- in die Bundespolitik wechseln will, auf den Obama-Effekt setzen? Besser nicht!

Schwarze BerlinerInnen sind mehrheitlich begeistert von der Vorstellung, dass mit Obama vielleicht ein Schwarzer ins Weiße Haus einzieht. Doch kann ein türkischstämmiger deutscher Politiker wie Özcan Mutlu, der von der Landes- in die Bundespolitik wechseln will, auf den Obama-Effekt setzen? Besser nicht.

Vielleicht ginge es bei Cem Özdemir, dem künftigen Grünen-Vorsitzenden. Der bewirbt sich um ein repräsentatives Amt, das nie zuvor mit einem Menschen nichtdeutscher Herkunft besetzt war. Dass mit Özdemir erstmals ein Einwandererkind Vorsitzender einer Partei wird, erfüllt viele MigrantInnen mit Stolz - auch solche, die nie ihr Kreuzchen bei den Grünen machen würden.

Doch der Fall des Bildungspolitikers Mutlu ist ein anderer: nicht nur, weil er nicht mehr der einzige Politiker mit Migrationshintergrund auf Landesebene ist und auch längst nicht mehr der erste in der Bundespolitik wäre. Sondern auch, weil Mutlu und seine potenziellen WählerInnen nichtdeutscher Herkunft schon viel zu sehr Teil dieser Gesellschaft sind, um sich noch nach landsmannschaftlichen Maßstäben zu richten. Gerade von seinen ehemaligen Landsleuten - und EinwanderInnen anderer Herkunft - wird Mutlu sich nach seinen Leistungen beurteilen lassen müssen. Der biografische Faktor des Leidensgenossen wirkt vielleicht bei denen, die auf Distanz zur deutschen Gesellschaft bleiben. Bei den Migranten jedoch, die über den deutschen Pass und damit das Wahlrecht verfügen, tritt er in den Hintergrund. Jedenfalls bei deren Wahlentscheidung.

Politiker wie Özcan Mutlu mögen Vorbilder für MigrantInnen sein. Nur haben sie nicht unbedingt etwas davon.

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