Kommentar: Rauchverbot: Scheitern ist keine Niederlage

Berlins Gesundheitssenatorin ist im ihrem Plan für ein striktes Rauchverbot in Kneipen gescheitert. Aber ihre Foredrung war notwenig, um einen neuen gesellschaftlichen Konsens zu finden.

Deutlicher kann eine Senatorin nicht scheitern. Gleich zweimal versuchte Katrin Lompscher ein völliges Rauchverbot in Berliner Kneipen durchzusetzen. Erst stoppte sie der Unwille in Teilen der eigenen Koalition. Dann die erfolgreiche Klage der Wirte. Jetzt gibt die Gesundheitssenatorin klein bei. Dennoch steht die Politikerin der Linken am Ende nicht als Verliererin da.

Der Hotel- und Gaststättenverband freut sich über den Verzicht auf ein komplettes Rauchverbot in allen Kneipen. "Wir begrüßen sehr, dass die Linke ein Einsehen hatte", sagte Klaus-Dieter Richter, Vizepräsident des Berliner Gaststättenverbandes, am Sonntag der taz. Gesundheitssenatorin Kartin Lompscher (Linke) hatte am Freitag mitgeteilt, auf das geplante strikte Rauchverbot in Gaststätten verzichten zu wollen, weil es dafür offenbar keine ausreichende Mehrheit gebe. Ende Juli hatte das Bundesverfassungsgericht das komplette Rauchverbot in Einraumkneipen gekippt. Dem will Lompscher nun folgen. Es werde aber geprüft, ob die Raucherlaubnis nur für inhabergeführte Kneipen ohne abhängig Beschäftigte gestattet werden könne. In der SPD gibt es die Idee, die Raucherlaubnis grundsätzlich nur auf Antrag zu gestatten. Beides lehnt Gastronomiesprecher Richter ab: "Die Regelung muss so einfach und klar wie möglich sein, damit Kunden, Wirte und die Behördenvertreter sie sofort verstehen können." TAZ

Denn die Debatte um das Rauchverbot unterscheidet sich in zwei wesentlichen Punkten von den meisten anderen politischen Disputen. Zunächst einmal trifft sie auf eine sehr direkte, vor allem aber sehr nachvollziehbare Art jeden einzelnen Bürger. Jeder kann sehr schnell erkennen, ob und wie weit er von einer gesetzlichen Neuerung profitiert oder nicht. Zudem ist die Diskussion nahezu unbelastet von parteipolitischen Vorgaben. Im Abwägungsprozess zwischen dem Recht auf Gesundheit auf der einen Seite und der Freiheit zum Genuss auf anderen spielt die politische Couleur allenfalls eine untergeordnete Rolle. Denn Raucher und Nichtraucher finden sich in jeder Partei.

So hat sich ein neuer gesellschaftlicher Konsens herausbilden können. Längst ist es allgemein akzeptierter Standard, dass in Restaurants gar nicht geraucht wird. Bei Kneipen aber ist das offenbar nicht der Fall. Zumindest jetzt noch nicht.

Um diese Differenzierung herauszukitzeln, war es jedoch unabdingbar, dass einige Politiker auch die radikale Position des kompletten Verbots vertreten. Ganz egal, ob diese nun wie in Berlin in der Linke oder wie in Bayern in der CSU sitzen. Ihnen verdanken wir, dass solche Debatten mittlerweile endlich auch in rauchfreien Gaststätten geführt werden können. Und dass es zum Widerstand kam, der ein paar letzte Refugien randvoll mit dichtem Qual erhalten hat.

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