„Tucholsky hat Recht“

Marek Voigt (31) setzt weiter auf kreativen Protest – auch wenn dies weitaus schwieriger geworden ist

„Eins war für uns klar: Eine Demonstration allein reicht nicht. Ich war schon beim Gelöbnis 1999 vor dem Roten Rathaus dabei. Ich weiß noch, wie entsetzt ich war, weil die Polizei unsere Lautsprecheranlage zerstört hatte. Damals wurde klar: Wir müssen die Veranstaltung stören.

Ich war der Meinung, dass die Bundeswehr in Berlin und in der Öffentlichkeit nichts zu suchen hat. Das Gelöbnis ist eine Werbung für die Wehrpflicht. Beim Gelöbnis 1999 kam noch ein wichtiger Grund für unseren Protest dazu: der Kosovo-Krieg, der erste deutsche Angriffskrieg nach dem Zweiten Weltkrieg.

Damals ist es uns gelungen, die Sicherheitskontrollen am Bendlerblock zu überwinden. Wir hatten uns unauffällig gekleidet und Schirme dabei, auf denen beim Aufspannen dann stand „Tucholsky hat Recht“ und „Bundeswehr abschaffen“. Damit sind wir im feierlichsten Moment auf den Platz gerannt. Ich wurde natürlich wie alle anderen verhaftet und auch meine Wohnung wurde durchsucht. Die Staatsanwaltschaft wollte uns wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz verknacken. Das war natürlich absurd. Die Verfahren endeten aber zum Teil erst nach Jahren mit Freisprüchen und Einstellungen.

Ich glaube auch heute noch, dass es wichtig ist, gegen die Bundeswehr zu protestieren. Und ich bin zuversichtlich, dass viele Menschen genauso denken wie ich. Die Bundeswehr setzt nicht nur auf längst überholte Rituale, sie ist an sich überholt. Krieg und Militär sind einfach keine Lösung. Inzwischen arbeite ich für eine Initiative, die sich für zivile Konfliktbearbeitung einsetzt. Auch bin ich immer noch bei den JungdemokratInnen/Junge Linke aktiv, die den Protest damals maßgeblich getragen haben. Auf kreativen Protest zu setzen ist nach wie vor richtig – auch wenn das schwieriger wird, weil sich die Bundeswehr mit immer aufwendigeren Sicherheitsvorkehrungen abschottet.“ PROTOKOLL: HKI