Verwahrloste Mädchen in Gröpelingen
: Empörung ist fehl am Platz

Ja, es sind Fragen erlaubt, ob das Jugendamt nicht beharrlicher eine Herausnahme der Kinder aus ihrer Familie hätte verfolgen sollen. So blieb gestern unklar, was sich an der Situation so verändert hatte, dass sowohl das Amt als auch das Familiengericht jetzt eine Inobhutnahme und einen Sorgerechtsentzug für zwingend erforderlich hielten.

Kommentar von Eiken Bruhn

War’s der Zustand der Mutter? Oder weil die Polizei den Fall öffentlich gemacht hatte? Bedenklich ist, dass das Jugendamt versäumte, in den Ferien dafür zu sorgen, dass jemand die Kinder regelmäßig sah. Und man muss die Eltern fragen, warum sie sich nicht helfen lassen wollten.

Die Empörung, die gestern die Politiker an den Tag legten, ist dennoch fehl am Platz. Dahinter verbirgt sich eine Vorstellung vom Jugendamt als Ordnungspolizei, die Kinder beschlagnahmt, wenn nicht pfleglich mit ihnen umgegangen wird. Und wenn das Kind gewaschen zur Schule kommt und zu Hause hört, es sei eine Niete? Statt das Jugendamt an die Wand zu stellen, könnte man sich noch einmal den Personalschlüssel im Amt anschauen: Zwölf Stellen für 500 Familien in Gröpelingen. Oder darüber nachdenken, warum Menschen in solchen Verhältnissen leben. Aber dann wird’s schnell zu kompliziert für schlichte Forderungen.