Discos nur für Deutsche

Immer wieder blitzen AusländerInnen an den Türen der Discomeile ab. Doch während man bei der Stadt nur von Einzelfällen spricht, wissen Streetworker von vielen Vorfällen zu berichten

In der Nacht zum Sonntag kam es nach Polizeiangaben wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen auf der Discomeile. Das Einschreiten der Beamten bei einer „Vielzahl von Körperverletzungsdelikten“ sei teilweise extrem schwierig gewesen. In einem Fall sei die Situation „binnen Sekunden“ eskaliert, als die Beamten auf bei einer Auseinandersetzung dazwischen gehen wollten. Umstehende hätten sie so massiv dabei behindert, dass die Lage nur durch den Einsatz von Pfefferspray habe „bereinigt“ werden können, so die Polizei. Zwei Beteiligte seien festgenommen worden, sechs weitere Besucher kamen vorübergehend in Gewahrsam. 32 Personen erhielten Platzverweise elf Messer, Reizgas, ein Baseballschläger und geringe Mengen Betäubungsmittel wurden beschlagnahmt. cja

VON JAN ZIER

Nein, sagte der Türsteher vom „Woody’s“ dem jungen Mann – Südländer kämen hier nicht rein. Es war sein Geburtstag, er wollte ihn auf der Discomeile feiern. Ein Typ, der als gepflegt beschrieben wird, als irgendwie türkisch aussehend. Doch auf die im Pass vermerkte Nationalität kam es am Ende nicht an. „Du brauchst es gar nicht erst versuchen“, herrschte ihn der Türsteher an, erinnern sich Zeugen. „Ich will dich hier nicht haben.“

Durchaus kein Einzelfall auf der Discomeile – nicht nur das Woody’s war schon in früheren Jahren einschlägig aufgefallen. „Viele Migranten gehen fast gar nicht mehr weg“, sagt Hafid Catruat – vor allem nicht in die Großraumdiscotheken. Catruat ist selbst ein gebürtiger Marokkaner, arbeitet in Tenever beim Verein Interkulturelle Werkstatt. Gute zwei Wochen ist es her, da ist er selbst im „Sinatra’s“ abgeblitzt, auf der anderen Seite des Breitenwegs. Angeblich, weil „nur Stammkunden“ zugelassen waren. „Das ging mir nahe.“ Jetzt geht er zum Tanzen ins Viertel. „Es ist sehr schwierig geworden.“

Beim Stadtamt spricht man nur von „einzelnen Vorfällen“. Zwar gebe es „immer wieder mal Vorwürfe“, sagt der stellvertretende Amtsleiter, doch am Ende stünde oft Aussage gegen Aussage. Einschlägige Ermahnungen habe man zumindest in der letzten Zeit nicht ausgesprochen.

Auch im Büro des bremischen Ausländerbeauftragten geht man davon aus, dass „Ruhe eingekehrt“ sei – und zwar „schon seit geraumer Zeit“. Seit über einem Jahr schon sei nichts mehr an ihn herangetragen worden, sagt Hans-Georg Schlodtmann. Aber er hat dafür auch eine andere mögliche Erklärung: Menschen mit ausländischem oder aber migrantischem Hintergrund seien bereits an Diskriminierung von Türstehern gewöhnt – und hätten demzufolge mittlerweile eine höhere Toleranz gegenüber Einlasskontrollen entwickelt. Und beschwerten sich also erst gar nicht mehr bei den Behörden.

Isabell Stewen arbeitet als Streetworkerin auf der Discomeile, beim Verein zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit (VAJA). Ausländerfeindliche Diskriminierung von Türstehern sei „augenscheinlich eine Faktor“ in der Bahnhofsvorstadt, sagt sie, vor allem in Großraumdiscotheken wie Stubu, Woody’s oder La Viva. „Das passiert.“ Und die MigrantInnen und AusländerInnen, sagt VAJA-Streetworkerin Stewen, „verhalten sich dementsprechend“. Viele gingen eben nur noch kurz aus. Oder aber sie versuchten es erst gar nicht mehr.

Immer wieder, wenn auch nicht jede Tanznacht begegneten ihr diskriminierende Vorfälle, sagt Stewen – aber doch oft ein, zwei Mal an einem Abend. Mittlerweile würden viele Türsteher Ablehnungen zumindest begründen, sagt sie. Manche sprechen dann von der immer wieder auftretenden Gewalt an der Discomeile. Und davon, dass sie sich beim deutsch aussehenden Publikum eher zutrauten, friedliebende von den anderen Gästen zu unterscheiden. Catruat forderte schon vor Jahren eine professionelle Schulung der Türsteher – doch ist damit bei den Betreibern nach eigenem Bekunden „immer wieder auf Widerstand gestoßen“. Und auch beim Personal selbst, dass gerne auf seine lange Erfahrung verweist.

In Oldenburg hat jetzt ein aus Kamerun stammender Student der Carl von Ossietzky-Uni einen Discothekenbetreiber vor dem Amtsgericht verklagt, weil er ob seiner Ethnie abgewiesen wurde. Man wolle eine Grundsatzentscheidung nach dem Antidiskriminierungsgesetz erreichen, sagte sein Rechtsanwalt der Nordwestzeitung – und lehnte auch ein Vergleichsangebot über 1.000 Euro ab. Am Mittwoch fällt ein Urteil in dem nach Angaben der „Ombudsstelle Antirassismus“ der Oldenburger Uni bundesweit ersten einschlägigem Prozess.

In Bremen ist bislang noch keine entsprechende Klage bekannt. Ein Türsteher im „Woody’s“ will auf Nachfrage diskriminierende Einlasskontrollen weder bestätigen noch dementieren. „Ohne Ausweis ist’s generell schlecht“, sagt er nur. Natürlich will man nicht als ausländerfeindlich gelten, man beschäftige ja auch AusländerInnen, und natürlich seien auch weiterhin nicht nur Deutsche unter den Gästen, sagen sie im Woody’s. Freitag meist nicht, doch das führt die Disco eher auf die gespielte Musik zurück. Woody’s-Chef Bernhard Imsande will sich offiziell nicht zu den Vorwürfen äußern. Er ist froh, dass es zuletzt etwas ruhiger geworden ist auf der Meile.