Vermieter wollen keine Hartz-IV-Empfänger

Erfolglos sucht eine 56-Jährige eine Wohnung. Die, die nicht verschimmelt sind, bekommt sie nicht

In den innerstädtischen Bremer Stadtteilen eine bezahlbare schöne Wohnung zu finden, ist schon unter normalen Umständen schwer. Für Menschen, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, scheint es schier unmöglich. 40 Wohnungen hat sich Louise Krämer* seit Dezember angesehen – während sie gleichzeitig einen Job suchte, sie ist seit drei Jahren arbeitslos. Der größte Teil der Wohnungen kam für die 56-Jährige nicht in Frage: „Schimmel von oben bis unten, versiffte Teppiche, total verdreckte Badezimmer“, berichtet sie. In sechs Wohnungen – die alle um die 50 Quadratmeter groß sind, mehr steht allein stehenden ALG II-EmpfängerInnen nicht zu – wäre sie gerne eingezogen. Doch sobald die äußerst gut gekleidete und gepflegt auftretende Frau nach ihrem Einkommen gefragt wurde, hörte sie: „Kein Hartz IV“.

Erschwert wird ihre Suche dadurch, dass die Stadt nur bis zu einer bestimmten Höhe die Miet- und Heizkosten übernimmt. Bis zu 320 Euro Kaltmiete sind das derzeit, für Mitte und die gutbürgerlichen Stadtteile im Osten gibt es einen Zuschlag von 20 Prozent. 520 Euro Warmmiete zahlt ihr die Bagis für ihre jetzige Wohnung im Viertel aus, dieselbe Summe hätte sie auch für eine Wohnung in der Innenstadt übernommen – die Krämer aber nicht bekam. Eine andere Wohnung hingegen fand ihr Sachbearbeiter zu teuer: Diese kostete zwar nur 477 Euro, befand sich aber in einem Stadtteil, für den es nur einen zehnprozentigen Zuschlag gibt. „Das ist doch schizophren“, beschwert sich Krämer. Auch wäre sie bereit gewesen die Differenz – rund 40 Euro – selbst aufzubringen.

Akzeptiert hat die Bagis allerdings, dass Krämer, der zum 30. April gekündigt wurde, in der Nähe ihres jetzigen Wohnorts bleiben möchte und dass sie aufgrund einer Erkrankung einen Mehrbedarf hat. „Ich bin Alkoholikerin“, sagt sie, „in einem Wohnblock am Stadtrand greife ich sofort zur Flasche“.

Grundsätzlich spreche nichts dagegen, dass jemand eine nach Bagis-Vorschriften zu teure Wohnung beziehe, sagt eine Bagis-Sprecherin. Doch laut Krämer sieht das ihr Sachbearbeiter anders. Der habe gedroht, dann keine weiteren Folgekosten, etwa für Energienachforderungen zu übernehmen. Eine Praxis, die in Bremen üblich ist, sagt Christina Kuhn von der Arbeitslosen-Beratung Solidarische Hilfe. „Wir raten davon ab, ohne das Einverständnis der Bagis einen Mietvertrag zu unterschreiben“, sagt Kuhn, „dann gibt’s nur noch Kampf“. Bekannt ist ihr auch das Problem, dass Vermieter keine Hartz IV-Empfänger wollen. „Auf dem privaten Markt ist das fast aussichtlos.“ EIB

*Name geändert