Nicht nur „Tüddeln im Sand“

Aus Anlass der – ergebnislosen – Tarifverhandlungen protestierten 300 DemonstrantInnen am Montag gegen die ungleiche Bezahlung der ErzieherInnen in kommunalen Kitas

VON TERESA HAVLICEK

2.130 Euro verdienen ErzieherInnen in kommunalen Kindertagesstätten – brutto, bei einer Vollzeitstelle. Dies bestimmt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVÖD), der 2005 den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) ablöste. Damit verdienen neu eingestellte ErzieherInnen rund acht Prozent weniger als ihre KollegInnen, die noch zu BAT-Zeiten angestellt wurden. Mehr als die Hälfte der pädagogischen Fachkräfte arbeitet jedoch in Teilzeit – und verdient noch weniger. Zugleich sind die Berufsanforderungen an ErzieherInnen in den letzten Jahren stetig gestiegen. Während am Montag die Gewerkschaften GEW und Ver.di mit Arbeitgeberverbänden in Frankfurt über eine neue Entgeltordnung und eine verbesserte Gesundheitsförderung im Sozial- und Erziehungsdienst verhandelten, protestierten daher in Bremen rund 300 Menschen vor der Bürgerschaft gegen die Ungleichheiten.

„Tüddeln in der Sandkiste wie zu meinen Anfängen als Erzieher, das ist nicht mehr“, sagte Toren Christians vom Personalrat der städtischen Kindertagesstätten Bremen. „Die Anforderungen sind immer dichter an denen eines Grundschullehrers.“ Die hingegen verdienen gut rund 3.000 Euro brutto und also ein Drittel mehr. Wie genau die frühpädagogische Arbeit zu gestalten ist, gibt in Bremen der Rahmenplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich vor. Der wurde 2004 – als Reaktion auf die erste „Pisa“-Studie – entwickelt, um Kitas verstärkt als Orte der vorschulischen Bildung zu gestalten. Das heißt etwa, dass ErzieherInnen die Lernentwicklungen und ergebnisse eines jeden Kindes individuell dokumentieren müssen – „alles in eigener Vorbereitung“, wie Christians erklärte.

Zudem sieht der Rahmenplan mehr berufliche Weiterbildungen für das Kita-Personal vor. 100 ErzieherInnen hätten seit Einführung des Planes einjährige Fortbildungen mit einem Umfang von 400 Stunden absolviert. „Das ist aber nicht bezahlungsrelevant“, sagte Christians. Die ErzieherInnen fordern auch eine tarifliche Regelung des Gesundheitsschutzes. Ihr Beruf sei sowohl körperlich als auch psychisch anstrengend – nicht zuletzt aufgrund des hohen Lärmpegels. Die Einrichtungen bräuchten dringend mehr Lärmschutz, sagte Klaus Schukowski, Gewerkschaftssekretär von Ver.di Bremen. „Das geht schon bei den Stühlen und der Trittschalldämmung los.“

Bundesweit soll es bis 2013 für jedes dritte Kind unter drei Jahren einen Betreuungsplatz geben, eine Betreuungsquote von 35 Prozent. Das ist das Ziel des Kinderförderungsgesetzes, das vor einem Jahr verabschiedet wurde. Bremens Betreuungsquote liegt derzeit bei rund 13 Prozent. Monique Troedel, Bürgerschaftsabgeordnete der Bremer Linksfraktion, riet deshalb, auf die Forderungen der ErzieherInnen einzugehen. Denn besonders die geringen Gehälter machen den Beruf unattraktiv – vor allem für Männer, die in Bremen nur etwa fünf Prozent der ErzieherInnen ausmachen, zumeist in Leitungsfunktionen. Die Kita-Mitarbeiter forderten deshalb die Gleichstellung des „Frauenberufs Erzieherin“ zu anderen „Männerberufen“. Denn: „Kein Techniker geht mit so einem Gehalt nach Hause“, so Christians. Das Bremer Sozialressort hingegen hält das Ziel für erreichbar: „Wir bauen bis 2013 jährlich 350 Betreuungsplätze auf“, sagte der Sprecher Jörg Henschen.

Momentan werde auch die Erzieherausbildung diskutiert, die „wegen der erhöhten Anforderungen qualitativ höherwertiger“ werden solle. Während Kitas bundesweit händeringend nach ErzieherInnen mit akademischer Qualifikation suchen, ist Bremen mit über 7,5 Prozent ErzieherInnen mit Hochschulabschluss vergleichsweise gut aufgestellt. Zudem bietet die Bremer Uni seit 2005 den Bachelor-Studiengang „Fachbezogene Bildungswissenschaften im Elementarbereich“ an, einer der wenigen Studiengänge, der GrundschullehrerInnen und ErzieherInnen gemeinsam ausbildet. In welcher Position, Funktion und zu welchem Gehalt die zukünftigen AbsolventInnen angestellt werden, ist allerdings noch offen. Dies müsse auf Bundesebene geregelt werden, so Henschen. In Bremen werde bis dahin eine Übergangslösung für den ersten Bachelor-Jahrgang entwickelt, der im Herbst fertig wird.