Ohne Pass kein Arzt

Schätzungen zufolge leben etwa 100.000 Menschen in Hamburg ohne Papiere. Eine Studie der Diakonie soll nun verlässliche Zahlen liefern, um gezielter an neuen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten arbeiten zu können

Das Diakonische Werk in Hamburg hat eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit dem Leben von Menschen in der Illegalität beschäftigt. Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche, Fanny Dethloff, geht davon aus, dass derzeit rund 100.000 Menschen in Hamburg ohne Papiere leben. Die Zahl orientiert sich an Studien in München und Berlin, wo sich etwa 50.000 beziehungsweise 80.000 Illegalisierte aufhalten sollen.

Die so genannten Statuslosen bereiten den Kommunen vor allem bei der Gesundheitsversorgung Probleme. Zwar haben laut Gesetz alle in Deutschland lebenden Personen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus ein Recht auf medizinische Versorgung, in der Realität werde diese bei illegalisierten Menschen aber vor allem auf ehrenamtliche Beratungsstellen abgewälzt, sagt Dirk Hauer vom Diakonischen Werk. Diese seien oft überfordert: „Viele Menschen wollen helfen, haben aber gleichzeitig Angst, sich dadurch strafbar zu machen“, sagt Hauer.

Da sich Illegalisierte nicht krankenversichern können, müssen Sozialämter die Behandlungskosten tragen. Diese sind jedoch verpflichtet, Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung zu melden. Nehmen Illegalisierte medizinische Versorgung in Anspruch, sind sie also sofort von der Abschiebung bedroht. „Die Probleme der Gesundheitsversorgung illegalisierter Menschen sind uns seit Jahrzehnten bekannt“, sagt Hauer.

Da eine Lösung auf Bundesebene nicht abzusehen ist, setzt das Diakonische Werk vor allem auf kommunale Zusammenarbeit. Die Studie, die anders als in Berlin und München nicht aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, soll einen Einblick in die Lebensituation von Statuslosen gewährleisten, um gezielter handeln zu können. Die rund 40.000 Euro teure Untersuchung soll im Sommer 2009 beendet werden, erste Ergebnisse werden bereits im Januar 2009 vorgestellt.

Dirk Hauer hofft, durch die Studie bereits diskutierten, aber noch nicht realisierten Projekten wie der Altonaer Flüchtlingsambulanz einen neuen Schub zu geben. „Wir wollen einen Diskussionsprozess anstoßen“, sagt er. Auf lange Sicht gesehen bedürfe es aber politischer Lösungen auf Bundesebene. Die Kommunen könnten das Problem allein nicht bewältigen, sondern nur individuelle Lösungen für sich erarbeiten. ALW