Der Ruf nach politischen Instrumenten

In drei Fällen sind die Ermittlungsbehörden wegen Polizei-Übergriffen im Verlauf des Klima und Antira-Camps tätig. Innensenator sichert grünem Koalitionspartner Aufklärung zu. Debatte um Polizeikommission entbrannt

Das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) prüft einen dritten Fall von Polizeigewalt beim Klima- und Antira-Camp: Der Mann war im Verlauf einer Rangelei nach Beendigung des St. Pauli-Stadtteilrundgangs „Landgang durch die Sonderrechtszone“ des „Netzwerks Gentrification“ von Polizisten am Spielbudenplatz zu Boden gerissen worden. Dann trat ein vierter Polizist heran und versetzte den am Boden liegenden und von drei Beamten fixierten Mann Fausthiebe in die Magengegend – wie es der Film einer Video-Journalistin belegt (taz berichtete).

„Die Ermittlungsbehörden haben ein Auge auf den Fall“, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Wilhelm Möllers der taz. Die Anklagebehörde hat zudem ein „Vorermittlungsverfahren“ gegen Polizisten „zum Nachteil von Florian S.“ eingeleitet, der ebenfalls bei dieser Aktion einen Schlag abbekommen hatte. Zudem ist laut Möllers ein Ermittlungsverfahren gegen Polizisten eingeleitet worden, die das Filmteam des Internet-Mediums „Graswurzel TV“ bei der Demo gegen das geplante Kohlekraftwerk Moorburg attackierten.

Die Linksfraktion bekräftigte indes ihre Forderung nach einer unabhängigen Polizeikommission und bereitet einen Antrag in der Bürgerschaft vor. Fachliche Unterstützung bekommt die Linke dabei vom Kriminologen Fritz Sack. „Der Ruf nach einer unabhängigen Polizeikommission kann nicht laut genug ausfallen“, so Sack zur taz. Sack war schon einmal Mitglied einer Polizeikommission in Hamburg, die 1998 vom damaligen SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage auf Drängen der GAL eingesetzt worden war. „Die Polizeikommission ist noch in der Nacht von Schills Wahlsieg abgeschafft worden“, erinnert sich Sack, der aktuell zusammen mit Wrocklage der „Sektionsgruppe Polizei“ von Amnesty International angehört, die der Polizei auf die Finger schaut. „Es ist an der Zeit, dass Polizeikontrolle wieder nach vorne kommt“, sagt Sack.

Die mitregierenden Grünen haben nach eigenen Angaben von Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) die Zusage bekommen, dass alle im Raum stehenden Vorwürfe des DIE geprüft werden.

Im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Polizeikommission verweist Möller auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte „Zentralstelle für Transparenz und Bürgerrechte“, die mit Akteneinsichts-, Befragungs- und Zutrittsrechten für Behörden ausgestattet werden soll.

„Das geht über eine Polizeikommission hinweg und knüpft an Menschenrechtskommissionen anderer Ländern an“, wirbt Möller. Hingegen stellt Kriminologe Sack die Zentralstelle in Frage: „Es geht um ‚Straftatbestände‘ und ‚Delikte‘, die der Polizei vorgeworfen werden.“

KAI VON APPEN