Amnesty alarmiert

Menschenrechtler verlangen Untersuchung von Polizei-Übergriffen beim Klima- und Antira-Camp

Es kommt sehr selten vor, dass sich die deutsche Sektion von Amnesty International (AI) zu Vorgängen in der Bundesrepublik äußert. Doch die Polizeiübergriffe beim „Klima- und Antira-Camp“ im August veranlassten Amnesty nun doch, den Zeigefinger zu erheben. „Videomaterial zu diesen Einsätzen lässt den Verdacht zu, dass die Polizei nicht rechtmäßig gehandelt hat“, sagt AI-Sicherheitsexpertin Katharina Spieß. Amnesty unterstreicht daher die Forderung nach unabhängigen Beschwerde- und Untersuchungsgremien, „die alle Vorwürfe exzessiver Gewaltanwendung durch Polizeibeamte untersuchen können“.

Anlass der Kritik ist Videomaterial von zwei Polizeieinsätzen: Einmal werden bei einem Stadtteilspaziergang in St. Pauli Menschen niedergeschlagen, das andere Mal ein Filmteam von Graswurzel TV in Moorburg attackiert (taz berichtete). Die AI-Polizeisektion – der auch der Hamburger Kriminologe Fritz Sack und der Ex-Innensenator Hartmuth Wrocklage angehören – dokumentiert seit 1996 Fälle von unverhältnismäßiger Polizeigewalt. Ihre Feststellung: „Staatsanwaltschaft und Polizei – wie in Hamburg polizeiinterne Ermittlungsdezernate – sind nicht unabhängig und daher nicht unparteiisch“, kritisiert Spieß. „Und viele dieser Fälle sind weder schnell genug noch unparteiisch noch umfassend untersucht worden.“

Daher werden von Menschenrechtsorganisationen internationale, unabhängige Polizeikommissionen „zur Verhütung von ungesetzlicher Polizeigewalt“ empfohlen. Die Polizeikommissionen müssten „über die notwenigen Vollmachten verfügen“, sagt Spieß, „um handeln zu können, wenn Polizei und Staatsanwaltschaften nicht oder nicht ausreichend genug ermitteln“.

Diese Forderung wird wohl am Donnerstag Thema des Bürgerschafts-Innenausschusses zum Vorgehen der Polizei während des Klima-Camps sein. „Rechtswidrige Polizeiübergriffe bei Demonstrationen sind Körperverletzungen im Amt und kein Kavaliersdelikt“, sagt die innenpolitischer Sprecherin der Linksfraktion, Christiane Schneider. Eine unabhängige Polizeikommission sei das Instrument, so Schneider, „das eine demokratische Kontrolle der Polizei ermöglicht“. KAI VON APPEN