Handygegner testen Blut

Die Bürgerinitiative gegen den Handymast in Klein Borstel will Druck auf den Betreiber O2 ausüben und mit einem Bluttest beweisen, dass Strahlung die Bildung der roten Blutkörperchen beeinflusst

VON ROBIN RIEPRICH

Den Bau des Handymastes auf der S-Bahn Station Kornweg konnte die „Initiative Sendemastfreies Klein Borstel“ nicht verhindern. Laut dem Betreiber O2 sendet der Mast bereits seit Ende September. „Wir haben alle rechtlichen Auflagen eingehalten, daher gehen wir davon aus, dass wir den Mobilfunkmast weiter betreiben können“, sagt O2-Unternehmenssprecher Heiko Poppek.

Doch die Mitglieder der Initiative kämpfen weiter. So ließen ließen sich vergangene Woche 118 Menschen in der Albert-Schweitzer-Schule, nur etwa 500 Meter vom Sendemast entfernt, Blut entnehmen. Die Anwohner sollen sich in einem halben Jahr erneut testen lassen. „Wir vermuten, dass die Retikulozyten, eine Vorstufe der roten Blutkörperchen, abnehmen, wenn Menschen der Strahlung ausgesetzt werden“, sagt Andrew Levine, Sprecher der Initiative. Studien in Süddeutschland hätten ergeben, dass die Retikulozyten, bei Menschen, die nahe eines Sendemastes leben, um ein Drittel zurück gegangen seien. Ob daraus eine unmittelbare gesundheitliche Gefährdung resultiert, sei noch nicht geklärt, sagt die Klein Borsteler Ärztin Ulrike Bittmann, die den Versuch durchführte. „Zumindest kann man aber so mit relativ geringen Aufwand feststellen, ob sich die Strahlung des Sendemastes auf den Körper der Anwohner auswirkt.“

Sollte dies durch den Versuch bestätigt werden, plant der Verein eine Sammelklage gegen den Mobilfunkanbieter O2. Der soll dann sowohl für mögliche Gesundheitsschäden als auch für den Wertverlust der anliegenden Grundstücke bezahlen.

„Wir verstehen den Versuch auch als Drohung an O2“, sagt Levine. Protestaktionen seien geplant. Sie richteten sich gegen O2 und gegen die Deutsche Bahn, die deutschlandweit 17.000 Standorte für Handymasten zur Verfügung stelle.

Doch der Bürgerinitiative geht es nicht nur um öffentliche Aufmerksamkeit, sondern auch um verlässliche wissenschaftliche Daten zu den Auswirkungen von Handymasten. Solange nicht belegt sei, dass die Strahlen für Anwohner keine Gefahr darstellen, läge es an den Bürgerinitiativen, Ergebnisse einzuholen. Die Grenzwerte der Bundesagentur für Strahlenschutz nennt Levine „bei weitem nicht ausreichend“.

O2-Sprecher Heiko Poppek erwartet keine Befunde bei der Blutuntersuchung. „Wir beziehen uns auf eine Stellungnahme des Robert-Koch-Instituts“, sagt er. Diese besage, dass solche Blutproben keinerlei Rückschlüsse auf Mobilfunkstrahlung zuließen.

Von der Resonanz der politischen Parteien zeigt sich die Initiative bislang enttäuscht. Das Thema sei von der Bezirksversammlung Nord an den Petitionsausschuss der Bürgerschaft verwiesen worden, sagt Wolfgang Schmietendorf von der Initiative. Dieses Gremium allerdings habe sich damit bisher nicht beschäftigt. Außerdem seien die Bürger erst kurz vor Baubeginn des Sendemastes mittels eines DIN A 4-Zettels an der S-Bahn von dem Projekt informiert worden.

Den Grund für diese Hinhaltetaktik kenne er nicht, sagt Schmietendorf. Vermutlich werde das Problem „bewusst auf die lange Bank geschoben“. Politik und Verwaltung seien wohl nervös, schließlich sei Klein Borstel für seine Bürgerinitiativen bekannt. Schon 2006 war ein Sendemast auf der Maria-Magdalena-Kirche nach Protesten der Klein Borsteler wieder abgebaut worden.

Schmietendorf hofft, dass die Politik nach den Aktionen endlich eingreift. Einen Vorschlag für einen alternativen Standort des Mastes habe die Initiative bereits erarbeitet.