Auf Dialog gesetzt

SCHANZENFEST Das Bezirksamt Altona beendet den Konflikt um die Anmeldung des Festes im Schanzenviertel und kündigt „qualifizierte Duldung“ an

■ 1988 findet im Rahmen des Protestes gegen ein Musical-Theater in der Alten Flora und für das Zentrum Rote Flora im Ex-Varieté-Theater das erste Schanzenfest statt.

■ In den Folgejahren richten sich die Feste gegen Yuppisierung – 1996 gegen diverse Umbaupläne des Schanzenpark-Wasserturms, 2000 gegen die Umgestaltung des Schulterblatts zur Piazza.

■ Da sich für die Initiatoren das Fest zum „bürgerkompatiblen Event“ entwickelte, steht seit 2004 wieder Aufmüpfigkeit und autonome Kreativität im Zentrum – also keine Anmeldung.

Der Termin ist gesetzt: Das diesjährige Schanzenfest findet am 4. Juli statt. Und es wird traditionell weiterhin von Menschen und Initiativen aus dem Viertel autonom organisiert und bedarf keiner formellen Anmeldung. Darauf hat sich der zweite runde Tisch aus Politik, Verwaltung sowie einigen Initiativen-Vertretern verständigt. Es gebe kein Prozedere „Antrag, Genehmigung, Stempel Gebührenmarke“, sagte Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose (parteilos), der Bezirk hoffe auf Komunikation mit den Veranstaltern. Im Gegenzug werde eine „qualifizierte Duldung“ praktiziert.

Alle Beteiligten sind zu dem Konsens gekommen, dass es beim alljährlichen Schanzenfest im Prinzip zwei Veranstaltungen gebe: Das Straßenfest tagsüber, und die schon traditionellen Krawalle am Abend. Es sei von der Innenbehörde zugesichert worden, dass „für den Tag alleine der Bezirk zuständig ist“, sagte der Chef der Bezirksversammlung, Andreas Grutzeck (CDU). Es sei nie das Bestreben gewesen, dasSchanzenfest zu bürokratisieren und kommerzialisieren, beteuert Grutzeck. „Es gibt aber eine Verantwortung, die wir uns nicht nehmen lassen dürfen“, sagte Warmke-Rose. So, wenn Bühnen mit Lautsprechertürmen oder Scheinwerfertraversen aufgebaut werden oder zum Schutz Verkehrsperrungen eingerichtet oder Rettungswege freigehalten werden müssten.

Der Bezirks-Chef hofft daher, mit den Veranstaltern über Sicherheitsfragen in den Dialog treten zu können – so dass vielleicht ein Zertifikat für eine Bühne vorgelegt werde und klar ist, dass nur Fachpersonal tätig war. Gerade auf Sicherheitsvorkehrungen haben die Veranstalter geachtet und für aktuelle Problemen standen stets AnsprechpartnerInnen und Vermittler zur Verfügung – das ist jahrelange Praxis.

Indes habe der Bezirk Altona erkannt, dass ein „fröhliches selbst organisiertes Schanzenfest sehr gut ohne Genehmigung ausgekommen sei“, sagte Grutzeck. „Es gibt keinen Grund, etwas daran zu ändern.“

Die emotional aufgeheizte Debatte um die Suche nach einem Anmelder hatte Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) entfacht, indem er voriges Jahr ankündigte, so werde das Schanzenfest nie wieder stattfinden. Er werde ein unangemeldetes Fest und „rechtsfreie Räume“ nicht dulden. Nun hat Ahlhaus offenbar vom Bezirk die rote Karte bekommen. Es sei denn, der schwarz-grüne Senat zieht den Komplex an sich, damit Ahlhaus sein Gesicht wahren kann. Grutzeck ist sicher: „Das wird nicht passieren.“ KAI VON APPEN