Die Abenteuer von Queen Kate II

„Elisabeth: Das goldene Königreich“ von Shekhar Kapur bietet britische Historie als Pop

Allein schon der tollen Geschichten wegen kann man die Briten um ihre Geschichte nur beneiden. Langweilig ging es da nie zu, und um das Leben jedes Monarchen seit den Zeiten von Richard Löwenherz ließen sich trefflich Dramen und Mythen spinnen. Das elisabethanische Zeitalter war da ganz besonders fruchtbar, und nicht umsonst lebte und schrieb Shakespeare in diesen interessanten Zeiten. Über die frühen Jahre von Elisabeth I. hat 1998 der Regisseur Shekhar Kapur schon einen farbenprächtigen, sehr erfolgreichen Film gemacht. Die britischen Produzenten entschieden sich für ihn, weil er als Inder nicht von dem Bildungsballast niedergedrückt wurde, den jeder britische Filmemacher unvermeidlich mit in das Projekt gebracht hätte. Und so erzählte Kapur respektlos und betont reißerisch vom Aufstieg der ehrgeizigen jungen Elisabeth, der Kate Blanchett eine beeindruckende majestätische Aura verlieh. Der erste Film endete mit der Selbststilisierung der noch jungen Königin zur jungfräulichen Monarchin, und natürlich fängt damit die wirklich spannende Geschichte von Elisabeth erst an.

Und so hat Kapur nun, fast zehn Jahre später, wieder britische Historie in Pop verwandelt. Die verschiedenen Verschwörungen jener Zeit gegen Elisabeth, die Gründung der Kolonie Virginia in der neuen Welt durch Sir Walter Raleigh, der Konflikt um Maria Stuart, der schließlich zu deren Hinrichtung führte und der Versuch einer Invasion durch die Spanier, der mit der vernichtenden Niederlage der Armada endete: All diese historischen Vorkommnisse bilden hier den Anlass für ein grandioses Unterhaltungskino. Wenn etwas besser in Szene gesetzt werden kann, gehen dabei die geschichtlichen Fakten schnell über Bord. Denn wen kümmert es, dass Sir Walter Raleigh während der Seeschlacht gegen die Armada den englischen Boden gar nicht verlassen hat, wenn Clive Owen in dieser Rolle so blendend aussieht, während er sich wie in einem Piratenfilm an einem Seil über die Reling schwingt. Und wer mag noch bekritteln, dass nicht Elisabeth, sondern Jeanne D’Arc zu Pferde und in blitzender Rüstung eine Kampfrede vor ihren Truppen hielt, wenn man sich doch an Cate Blanchett in diesem Film gar nicht satt sehen kann. Bis in die kleinsten Gesten hinein wirkt sie wieder königlich und gibt dem Film ein Zentrum, durch das die prächtigen Ausstattung nie die Oberhand über die Geschichte bekommt. Und diese Gefahr besteht, denn der Film ist auch ein Rausch aus Farben, Stoffen und Ornamenten.

Die Episode um Maria Stuart, über die ganze Tragödien geschrieben wurden, dramatisiert er in knappen Einschüben, die wie parallel montierte Kontrapunkte zu den Triumphen von Elisabeth wirken. Ihr nobler Tod durch das Schwert des Scharfrichters wird schließlich als einer der dramatischen Höhepunkte des Films inszeniert, bei dem Samantha Morton allerdings all ihr Können aufbringen muss, um sich nicht von ihrem purpurnen Kleid die Szenen stehlen zu lassen. Wie schon im ersten Film verleiht Geoffey Rush wieder dem undurchsichtigen Strategen der Königin Sir Francis Walsingham eine düster-mysteriöse Ausstrahlung. Kapur ist die romantische Intrige um Sir Walter Raleigh und die Hofdame Elisabeth Throckmorton ebenso wichtig wie die Seeschlacht, bei der sich das Schicksal von Elisabeth und England entscheidet. Hier wie dort plündert der Regisseur ungeniert die verschiedenen Genres und inszeniert ein amouröses Stelldichein bei Kerzenlicht genauso bildgewaltig wie den Angriff der britischen Kriegsschiffe auf die Armada. Wilfried Hippen