ORTSTERMIN: BARBARA SCHÖNEBERGER BEKOMMT DEN CHAMPAGNE-PREIS FÜR LEBENSFREUDE
: Die Ökonomie der Aufmerksamkeit

„Ach ist das alles schön“, denkt die Dame mit den Pumps, „endlich ist man mal wieder beisammen.“ Der Duft von süßem Champus liegt in der Luft. Zwischen antiken Möbeln, Kronleuchtern und Max-Liebermann-Originalen hat sich eine kleine aber feine Gesellschaft im Hotel Louis C. Jakob an der Hamburger Elbchaussee versammelt.

„Ob sie mich noch erkennen?“, denkt die Dame. Dann gibt sie sich einen Ruck und schreitet herrschaftlich auf die Schar Fotografen zu. Die Fotografen fotografieren reflexhaft. „Noch einmal bitte in Champagner-Laune,“ ruft ihr einer zu. Sie setzt ein Lächeln auf und das Blitzgewitter geht von neuem los. Später werden sich die Fotografen gegenseitig fragen, wer diese Dame eigentlich war. Kaum einer wird es wissen.

Plötzlich wenden sich die Fotografen von ihr ab. Der Grund dafür ist groß, drall und blond – Barbara Schöneberger betritt das Parkett. „Jetzt wär ich gerne unsichtbar“, denkt die Pumps-Dame noch – aber da ist es schon zu spät. Sie wird von einem plötzlich anrückenden Kamerateam über den Haufen gerannt. „Lebensfreude kommt von innen,“ erklärt Schöneberger den Journalisten als sich die Pumps-Dame gerade wieder aufrichtet.

“Was für eine falsche Schlange“, denkt sich die Dame und wirft Schöneberger einen empörten Blick zu, „und dieser übertriebene Ausschnitt. Muss man, wenn man so viel davon hat, es auch immer gleich so zur Schau stellen?“ Sie betrachtet die schwatzende Schöneberger eine Weile aus der Ferne. Schöneberger ist mal wieder sichtlich bemüht, Sex-Appeal zu verströmen. Sie wirft imaginären Verehrern hinter den Kameras verführerische Blicke zu und spitzt ihre Lippen zum Kussmund. Plötzlich zeichnet sich ein triumphierendes Lächeln auf dem Gesicht der Dame mit den Pumps ab. „An den Hüften setzt sie aber wirklich langsam ein bisschen an“, sagt sie leise.

Dann muss Schöneberger ihren Preis entgegen nehmen. Den bekommt sie natürlich nicht einfach so. Nein – Schöneberger bekommt den Preis für ihre Lebensfreude. Damit steht sie dann in einer Reihe mit so lebenslustigen Gesellen wie Kardinal Lehmann oder Franz Beckenbauer. Der Champagne-Preis für Lebensfreude wird schließlich nicht an jeden verliehen. Das Gute an ihm ist, dass man ihn nicht spenden kann. Eine Schaumwein-Spende würde ja wohl kaum jemanden ernsthaft helfen und auch die Einladung auf die Schlösser in der Champagne ist wahrscheinlich nicht übertragbar.

„Es mag vielleicht nicht so aussehen“, erklärt der Jury-Präsident Hellmuth Karasek, „aber es geht hier auch um Wohltätigkeit.“ Denn es sei bei der momentanen wirtschaftlichen Lage ganz wichtig, auch die exklusive Kauflust am Leben zu halten, das würden die in der Politik doch auch ständig predigen. Eine junge Kellnerin stellt das halb volle Glas Champagner, das auf dem kleinen Tisch neben ihm stand auf ihr Tablett und stellt ihm ein volles hin. Karasek nimmt einen Schluck und sagt dann: „Schließlich wird der extreme Wohlstand doch genau deshalb toleriert: Weil man eben weiß, dass er den Rest mitzieht.“

Lebensfreude ist nichts exklusives, beteuert auch Schöneberger. Man könne mit Bier dieselbe Lebensfreude empfinden, wie mit Champagner. „Ich bevorzuge natürlich Champagner. Aber das ist ja Geschmackssache“, lacht sie. Und auch bei der Pumps-Dame kommt mit dem Verstreichen des Abends langsam die Lebensfreude zurück. Am Schluss kann sie sogar kaum noch stehen, soviel Lebensfreude verspürt sie.

Johann Tischewski