ORTSTERMIN: AUF REISEN MIT DEM HAMBURG CONSULAR WOMEN’S CLUB
: Die Königinnen der Hanse

Das Telefon klingelt. Schon wieder. Es ist wieder die Dame von der Senatskanzlei. Eigentlich ist schon alles abgesprochen: Der Bus soll morgen um halb neun losfahren, ein Platz ist mir zugesagt. Begleitet werden die Damen des Konsularkorps von zwei Damen des Protokolls, die auch meine Ansprechpartnerinnen sind. Und jetzt wieder ein Anruf. Die Frau am anderen Ende der Leitung ist verlegen, druckst herum. Dann rückt sie endlich damit heraus: „Ich wollte nur noch einmal sicherstellen, dass wir uns verstanden haben. Sie schreiben doch keinen Klamauk über unsere Reise oder über die Damen?“

Jedes Jahr richtet der Hamburger Senat einen Tagesausflug für die Damen des Konsularkorps aus. Heute nun soll es nach Lübeck gehen, vor langem die Königin der Hanse. Knapp 50 Frauen aus mehr als 20 Ländern treffen sich unter verhangenem Himmel am Hamburger Rathaus: größtenteils Gattinnen von Konsuln, einige wenige sind selbst Konsulinnen.

Als einzigen Mann nehmen sie mich sofort in ihrer Mitte auf. „Dann journalieren sie uns mal“, prescht eine vor, andere kichern. Es wird auf mich eingeschnattert – auf Deutsch, Englisch und Französisch, aber auch Spanisch, Polnisch und Chinesisch. Was zur Verständigung nicht wirklich beiträgt.

In Lübeck angekommen, bekomme ich dann doch noch Konkurrenz: Bürgermeister Bernd Saxe ist ein durch und durch einnehmender Typ. Unverzüglich beginnt er mit einem Vortrag über die Hanse – und die Tugenden der Frauen. Mich nennt er unterdes jovial „den Starreporter der New York Times“. Bevor er sich wieder verabschiedet, lässt er den Damen – es ist gerade mal kurz nach zehn – noch ein Glas französischen Rotwein servieren. Was der Stimmung keinen Abbruch tut.

Nach einem langen Stadtrundgang und vielen, vielen Gesprächen über Thomas Mann und sein Werk geht es zum Mittagessen, wobei allseits darauf geachtet wird, dass ich auch ja genug esse. Zwei Frauen stehen die ganze Zeit ein wenig außen vor. „Die dürfen nicht“, erklärt mir die Gattin des bulgarischen Honorarkonsuls. „Das sind die Iranerinnen. Die sind auch in unserem Klub – dem Hamburg Consular Women’s Club – nie dabei.“ Als sie mein Befremden bemerkt, fügt sie eilig hinzu: „Wegen ihrer Männer. Die erlauben es nicht.“

Schließlich kommt es zum Höhepunkt des Ausflugs: dem Besuch des Niederegger-Cafés mit anschließendem Marzipannaschen. „Na, haben sie Ihre Männer mal zuhause gelassen?“, fragt die Führerin – „Kümmern die sich heute um den Haushalt?“ Sie scheint nicht zu wissen, wen sie da vor sich hat. Auch nicht sonderlich gut an kommt sie mit dem Witz über das Marzipan als „Hüftgold“. Erst als die Führerin vormacht, wie Marzipanschweinchen geformt werden, stellt sich internationale Zufriedenheit ein.

Kurz bevor es zurück geht, nehmen mich die Damen dann noch einmal richtig in die Zange: Ob ich denn vergeben sei, wollen sie von mir wissen, und warum ich für diese Zeitung, die taz, arbeite. „Das haben Sie doch gar nicht nötig“, sagt eine, „so ein netter, junger Bursche wie Sie“.

Klamauk schreiben über diese Reise? Warum sollte ich?

JOHANN TISCHEWSKI