Moschee-Neubau in Schleswig-Holstein: Angst vor dem Muezzin

In Rendsburg wird am Freitag die größte Moschee Schleswig-Holsteins eröffnet. Jahre verliefen die Bauarbeiten ruhig. Doch jetzt regt sich Widerstand.

Die größte Moschee Norddeutschlands wird heute feierlich eröffnet. Bild: dpa

26 Meter hoch sind die Minarette der neuen Centrum Moschee in Rendsburg. 26 Meter sind nicht die Welt, aber für Rendsburg ist es viel, auch wenn die Moschee am Stadtrand liegt, im Niemandsland zwischen Supermärkten, Schulen und Bahngleisen.

Die Moschee, die am Freitag eröffnet wird, ist die größte Schleswig-Holsteins. Dennoch sah es lange so aus, als ginge der Bau ohne nennenswerten Widerstand vonstatten. Die Presse wunderte sich schon, schließlich hatten repräsentative Moscheeneubauten in anderen deutschen Städten erbitterte Proteste ausgelöst. "Es gibt Ausnahmefälle wie im schleswig-holsteinischen Rendsburg, wo die kühlen Norddeutschen den dortigen Großmoscheebau mehrheitlich akzeptieren", schrieb der Spiegel im Februar 2008. Damals waren die Bauarbeiten fast zehn Jahre in Gang, die Moschee beinahe fertig.

Rendsburg, erklärte SPD-Bürgermeister Breitner das Phänomen gegenüber den Lübecker Nachrichten, stehe als ehemalige Garnisonsstadt in einer liberalen Tradition. Heute sagt er: "Ich habe die Gegenbewegung ja erst seit einem Vierteljahr."

Die Gegenbewegung ist eine Bürgerinitiative, die inzwischen fast 800 Unterschriften zusammengebracht haben. Die Initiative wendet sich gegen die Pläne der Moscheengemeinde, von den 26 Meter hohen Minaretten den Muezzin rufen zu lassen - per Lautsprecher. "Wir wollen hier in Ruhe leben", sagt eine Anwohnerin, die in der Bürgerinitiative aktiv ist. Erst sei von einem Muezzinruf keine Rede gewesen, dann habe es geheißen, es solle einen "Freitagsruf" geben. "Dann dreimal täglich, und jetzt fünfmal täglich." Drei Minuten dauere so ein Muezzinruf und dessen Inhalt sei eine Zumutung: "Da wird uns gesagt: Allah ist der größte."

Tatsächlich hat die Moscheengemeinde vergangenes Jahr einen Antrag gestellt, den Muezzinruf zu genehmigen, das geforderte Lärmgutachten jedoch nicht beigebracht. Dieses Jahr stellte sie einen neuen Antrag. Das Gutachten liege noch immer nicht vor, sei aber zugesagt, sagt Bürgermeister Andreas Breitner. Der Muezzinruf selbst sei nicht verhandelbar. "Der steht unter dem Schutz des Grundgesetzes." Es könne höchstens darum gehen, "unnötige Beeinträchtigungen der Anwohner" zu vermeiden.

Die Moscheengemeinde scheint an einer Eskalation des Konflikts nicht interessiert. "Wie wir das mit dem Muezzinruf machen, wissen wir noch nicht", sagt Ahmet Yazici vom Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland, zu dem auch die Centrum Moschee gehört. Im schleswig-holsteinischen Neumünster beispielsweise rufe der Muezzin dreimal am Tag, 80 Dezibel seien genehmigt worden. "Aber wir dachten, 60 reichen auch." In Neumünster, sagt Yazici, gebe es keine Probleme.

Der Geschäftsmann, der den Lindenbazar in der Hamburger Centrum Moschee betreibt, kommt selbst aus Rendsburg. Er hat damals das Grundstück für die neue Moschee gekauft, für 280.000 Mark. Die Moschee, sagt er, sei ein Kompliment der Muslime in Rendsburg an ihre Heimat. "Damit drücken sie aus: Hier fühlen wir uns wohl", sagt Yazici. "So muss man das mal sehen."

Bei der Eröffnung wird er danei sein, genau wie Ministerpräsident Peter Harry Carstensen - und der Imam der Hamburger Schwestermoschee, Ramazan Ucar. Der hatte auch schon für seine eigene Moschee, den öffentlichen Muezzinruf gefordert. Dazu kam es aber erst ein einziges Mal: Als im September die neu bemalten Minarette der Moschee aufgestellt wurden, riefen zwei Imame das Mittagsgebet aus - sie hatten dafür eine Sondererlaubnis erhalten.

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