CDU kündigt Koalition auf: Bankchef-Bonus entzweit Schwarz-Rot

Die große Koalition CDU und SPD in Schleswig-Holstein bekämpft sich seit Monaten. Zuletzt wegen des Geldes für den Nordbank-Chef. Nun will die Union nicht mehr.

Hat kein Bock mehr auf die SPD: Ministerpräsident Carstensen (CDU). Bild: dpa

KIEL taz | Die große Koalition in Kiel ist mal wieder da, wo sie in den vergangen Jahren mehrfach stand: vor dem Aus. Brieflich stellte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) dem SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner ein Ultimatum: "Ich bitte kurzfristig um Klärung der Frage, ob Sie in dieser Form die letzten Monate in einer von unseren beiden Parteien getragenen Regierung weiter arbeiten wollen."

Und weiter schreibt der Ministerpräsident: "Ich bin nicht bereit, dies länger zu akzeptieren." Am Mittwochabend beschloss die CDU-Fraktion, das Bündnis mit der SPD zu beenden.

Auslöser der aktuellen Krise ist die Frage, wann die SPD – und Stegner selbst – von den Bonuszahlungen von 2,9 Millionen Euro an den HSH-Vorstand Dirk Jens Nonnenmacher erfahren hat. Stegner erklärte in den vergangenen Tagen, er habe von nichts gewusst und also auch nicht zugestimmt. Darüber gab es Streit auch innerhalb der SPD – "die Informationsabläufe", so Stegner, "sind kritisch zu bewerten".

Die große Koalition in Kiel hat zumindest eines produziert: Krach und Krisen.

Einen heftigen Streit gab es 2007 um das Thema Schülerkostenbeförderung. Die CDU warf SPD-Chef Ralf Stegner, damals noch Innenminister, Vertrauensbruch vor. Am Ende verließ Stegner das Kabinett.

Im Oktober 2008 zankte man sich um eine Kreisreform - das Thema wurde schließlich beerdigt. Immerhin: Die Verhandlungen verliefen in "freundlicher Atmosphäre", hieß es.

Im laufenden Jahr folgen die Krisen praktisch im Wochentakt: Im April bot Ministerpräsident Peter Harry Carstensen Neuwahlen an, wenn die SPD das wolle.

Das jüngste Fast-Aus für die Koalition drohte im Juni und wurde erst nach mehrtägigen Runden des Koalitionsausschusses abgewendet. EST

Einen Fehler machte offenbar aber auch die Staatskanzlei: In einem Brief an den Landtagspräsidenten stand, die Zahlung sei "mit vorherigem Einverständnis der Spitzen der die Regierung tragenden Fraktionen" beschlossen worden – allerdings nur der Fraktionen in Hamburg, mit dem Schleswig-Holstein gemeinsam die Nordbank unterhält.

In Kiel dagegen wurden weder der SPD- noch der CDU-Fraktionschef Johann Wadephul um Zustimmung gebeten. Zu Carstensens Ultimatum ließ Stegner am Mittwoch lediglich per Twitter-Nachricht verlauten: "Auf einen persönlichen Brief werde ich auch so antworten." In der Landtagsdebatte beharkten sich die Großkoalitionäre dann später gewohnt heftig.

In der Sache sind sich beide Seiten dabei einig: Die Bonus-Zahlungen an Nonnenmacher seien "nicht vermittelbar". Kritik müssen sich die Akteure in Kiel wie in Hamburg von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) anhören. Der erklärte, ihm fehle "jegliches Verständnis für die Landesregierungen, die hier anscheinend beide Augen zudrücken wollen". Ausführlich wird es heute Mittag im Landtag um die HSH und den Millionenbonus gehen.

Ob die Koalition über dieses Thema endgültig platzt, ist fraglich. Die SPD hat es weiterhin nicht eilig, sie rechnet mit besseren Chancen im kommenden Jahr. Auf einer Sondersitzung beschloss die CDU-Fraktion dagegen noch am Mittwochabend einstimmig, man werde "den Antrag stellen, das Parlament aufzulösen", so Carstensen nach der Sitzung.

"Was ich in den letzten Wochen erlebt habe, ist nicht mehr hinnehmbar." In der Landtagssitzung am heutigen Donnerstag soll die Wahlperiode zum 20. Juli beendet werden. Neuwahlen könnten dann am 27. September stattfinden, dem Tag der Bundestagswahl. Nach einer Auflösung des Kieler Landtages bleiben bis zu Neuwahlen 70 Tage.

Sollte es nicht zu vorgezogenen Neuwahlen komen, würden die verbleibenden Monate bis zum regulären Wahltermin im Mai 2010 hart genug: Unter dem Spardruck verschlechtert sich auch die Stimmung im Kabinett: "Wie Schulkinder" seien die Chefs der anderen Ministerien jüngst vom Finanzminister aufgefordert worden, sie sollten weitere Streichpläne vorlegen, heißt es. Klare Vorgaben oder Zahlen fehlten demnach allerdings.

Im Landtag stimmten beide Regierungsfraktionen gestern für einen Nachtragshaushalt, der nochmals einen Schuldenzuwachs von rund 500 Millionen Euro vorsieht - obwohl man sich im Juni erst auf ein hartes Sparkonzept geeinigt hatte.

Außerdem debattierten die Abgeordneten über die Frage, ob das Land eine Verfassungsklage gegen die Schuldenbremse einlegen sollte – diesen Beschluss hatte das Parlament einstimmig gefasst, er war dann im Koalitionsausschuss wieder gekippt worden. Landtagspräsident Martin Kayenburg (CDU) will an an der Klage festhalten - dafür erhielt er gestern Lob aus allen Fraktionen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.