Schanzenfest: "Schon die Richtigen verhaftet"

Die polizeiliche Bilanz nach der Straßenschlacht ist ernüchternd. Ein einziger Haftbefehl ist die Ausbeute. Politische Nachlese findet am Mittwoch im Parlament statt.

Auch nur die Richtigen nass gespritzt? Vier junge Männer suchen Schutz vor dem Wasserwerfer. Bild: dpa

Die nächtlichen Auseinandersetzungen im Hamburger Schanzenviertel in der Nacht zu Sonntag haben eher ein politisches denn ein juristisches Nachspiel. "Es gibt einen Haftbefehl", bestätigte Polizeisprecher Ralf Meyer der taz nord. Die anderen 46 Personen, die vorübergehend fest- oder in Gewahrsam genommen worden waren, seien nach Feststellung der Personalien sämtlich wieder auf freiem Fuß.

In Haft sitzt einzig ein 22-jähriger Schweizer, der "mehr als 20 Glasflaschen geworfen und zwei Beamte getroffen hat", referiert der Polizeisprecher. Die weiteren Verdächtigen seien ausschließlich "gewalterlebnisorientierte Jugendliche unter 25 Jahren aus nahezu allen Hamburger Stadtteilen". Von denen, die in einschlägigen Blättern gerne "linke, autonome Chaoten" genannt werden, fehlt der Polizei fast jede Spur. "Wir haben schon die Richtigen", versichert Meyer jedoch auf die Frage, ob unbeteiligte Zuschauer festgenommen wurden: "Manche springen Bungee, andere finden es geil, sich mit der Polizei anzulegen."

Fraglich ist, ob außer dem jungen Schweizer überhaupt jemanden der Prozess gemacht wird. Nach dem ersten Schanzenfest am 4. Juli waren 60 Ermittlungsverfahren gegen mutmaßlich Gewalttätige eingeleitet worden. Davon wurden fast alle inzwischen eingestellt, Anklage ist nur in einem Fall erhoben worden. Der Beschuldigte soll eine Flasche auf einen Wasserwerfer geworfen haben. Weil in der Nähe Polizeibeamte gestanden hatten, lautet die Anklage auf versuchte Körperverletzung.

Auf tönernen Füßen steht sie gleichwohl. Ende 2006 wurde ein Verfahren gegen einen Mann eingestellt, der beim damaligen Schanzenfest einen Wasserwerfer mit einer Flasche beworfen hatte. Das sei nicht einmal Sachbeschädigung, stellte die Staatsanwaltschaft fest. Denn Wasserwerfer seien "so stabil, die gehen nicht durch eine Flasche kaputt", begründete deren Sprecher Rüdiger Bagger die Einstellung des Verfahrens. Keine Rolle indes habe gespielt, dass der Flaschenwerfer ein angetrunkener Polizeibeamter war: Er hatte seinen freien Abend in Zivil Bier trinkend im Schanzenviertel verbracht.

Sicher ist hingegen die politische Nachbereitung des Wochenendes. Am morgigen Mittwoch wird die Hamburger Bürgerschaft ausführlich über das Thema debattieren. Die rot-rote Opposition würde zu gerne wissen, ob Innensenator Christoph Ahlhaus auf "nachdrückliche Bitte" von Bürgermeister Ole von Beust (beide CDU) einen Deeskalationskurs einschlagen musste. Er bestreitet das, die grüne Innenpolitikerin Antje Möller hingegen freut sich, dass das Schanzenfest bis weit in die Nacht "wegen eines anderen Einsatzkonzeptes friedlich blieb".

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