NPD will es nicht gewesen sein

Eine Anschlagserie auf linke Einrichtungen in Bremen ist teilweise aufgeklärt. Die Polizei macht Jugendliche, die „teilweise enge Kontakte zur NPD“ unterhalten, für die Steinwürfe auf eine Jugendbildungsstätte verantwortlich. Die NPD wehrt ab

aus Bremen EIKEN BRUHN

Für die NPD ist der Fall abgeschlossen. Die rechtsextremistische Partei verdächtigt den Verfassungsschutz, für die Angriffe auf linke Einrichtungen in Bremen verantwortlich zu sein. „Stammen die Bremer Steinewerfer aus Geheimdienstkreisen?“, fragt die Bremer NPD auf ihrer Homepage und weist alle Anzeichen, Parteimitglieder oder deren Bekannte könnten hinter den Steinwürfen und Nazi-Schmierereien stehen, weit von sich: „Die Presse lügt.“

Dabei sind es nicht die Medien, die diesen Zusammenhang hergestellt haben, sondern Polizei und Staatsanwaltschaft. „Enge Kontakte zur NPD“ unterhält laut Polizei ein Teil der neun Personen, die am Mittwoch vorübergehend festgenommen wurden. Sie gehörten der „regionalen rechten Szene“ an.

Den Festgenommenen wird vorgeworfen, am 22. Februar die Jugendbildungsstätte Lidice-Haus, die sich stark gegen Rechtsextremismus engagiert, mit Steinwürfen attackiert zu haben. „Ein paar Geständnisse“ lägen bereits vor, sagte gestern der Bremer Staatsanwalt Uwe Picard. Wie viele genau, könne er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Die Häufung von rechtsextremistisch motivierten Taten bezeichnete Picard als „ungewöhnlich“. Und: „In einer solchen Konzentriertheit hat es das in Bremen noch nicht gegeben.“

Gegenstand der Ermittlungen ist derzeit, ob es eine zweite Tätergruppe gibt – oder ob die Beschuldigten weitere Taten begangen haben. Der Verdacht, sie hätten auch am 13. Februar das Lidice-Haus angegriffen, liege nahe, sagte Staatsanwalt Picard. Auffällig ist, dass andere Gebäude, die ebenfalls in den letzten Wochen angegriffen wurden, mit SS-Runen und anderen Nazi-Symbolen beschmiert wurden – das Lidice-Haus aber nicht. Zudem liegen bis auf den linken Szenetreff „Infoladen“ alle anderen Gebäude in Bremen-Nord, 20 Kilometer von der Innenstadt entfernt. Warum dort neben einer Wohngemeinschaft, dem ehemaligen Standort des Lidice-Hauses und einer KZ-Gedenkstätte auch ein Bürogebäude angegriffen wurde, ist unklar.

Auf die vernommenen neun Personen zwischen 15 und 23 Jahren war die Polizei gekommen, weil sie einige von ihnen nach der Tat am 22. Februar in der Nähe des Lidice-Hauses angetroffen hatte – angeblich auf dem Weg zu einer Gartenparty, wie Staatsanwalt Picard gestern sagte. „Dass das Rechte sind, sah man ihnen nicht an.“ Die weitere Beschäftigung mit den aufgenommenen Personalien hätte dann aber einen „Ermittlungsansatz“ ergeben. Ein Teil von ihnen habe bereits rechtsextremistische Straftaten begangen. Weitere Ermittlungsergebnisse seien zu erwarten, wenn die bei den Durchsuchungen beschlagnahmten Computer untersucht worden seien, so Picard.

Andrea Müller vom Lidice-Haus lobte ausdrücklich die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft. „Die nehmen das sehr ernst, das war nicht immer so“, sagte Müller. Bremen spiele in der Strategie der Nazis offenbar eine besondere Rolle. Es sei auffällig, dass sich die Aktivitäten der Nazis im Bremer Umland konzentrieren würden – beispielsweise in Delmenhorst, Verden, Dörverden, Lilienthal, Weyhe, Achim, Schwanewede und Rotenburg. Dass sie jetzt auch in Bremen aktiv würden, sei eine neue Qualität, so Müller. Die NPD hatte im Internet eine „NPD-Jugend-Offensive im Frühjahr 2008“ angekündigt.