Förderturm im Bergwerk Asse besetzt

Die Umweltorganisation Robin Wood hat auf dem Gelände des Versuchsendlagers Asse II gegen den Verbleib des dort gelagerten Atommülls demonstriert. Die Atomgegner kletterten auf den Förderturm des ehemaligen Salzbergwerks

Einen Tag vor Beginn einer internationalen Konferenz zur atomaren Endlagerung haben Umweltschützer gestern vorübergehend den Förderturm auf dem Gelände des Atommüllendlagers Asse II bei Wolfenbüttel besetzt. Sie befestigten dort ein rund 45 Quadratmeter großes Transparent mit der Aufschrift „Auslaufmodell Asse“. Nach zwei Stunden zogen die Besetzer freiwillig ab. „Wir haben erreicht, was wir wollten“, sagte der Energiereferent von Robin Wood, Dirk Seifert, zur taz. „Wir wollten darauf aufmerksam machen, dass sich hier der größte anzunehmende Unfall anbahnt.“

Außer Robin Wood beteiligten sich auch Mitglieder des Anti-Atom-Plenums Braunschweig an der Aktion. Rechtliche Konsequenzen brauchen die Besetzer wohl nicht zu fürchten. „Von uns aus werden wir jedenfalls keinen Strafantrag stellen“, sagte der Sprecher des Asse-Betreibers GSF, Hans-Jörg Haury, zur taz.

In das Endlager Asse, in dem etwa 126.000 Fässer mit Atommüll liegen, dringen täglich rund zwölf Kubikmeter Wasser ein. Falls die Fässer rosten und die Radioaktivität ins Grundwasser gelange, gebe es eine Katastrophe, befürchten Umweltschützer. Unter den eingelagerten Stoffen ist auch hochgiftiges Plutonium. Im Bergwerk Asse wurde früher Salz gefördert. Die Nachbarschächte Asse I und III mussten wegen Wassereinbrüchen aufgegeben werden.

Derzeit gibt es heftigen Streit über die Stilllegung von Asse II. Während der Betreiber GSF das Bergwerk nach dem Bergrecht schließen und die Grube mit einem Schutzfluid stabilisieren will, bestehen Anwohner und Atomkraftgegner auf ein atomrechtliches Verfahren. Sie hätten dann mehr Mitspracherechte. Eine Tischlerin aus einer Nachbargemeinde will durch eine Klage erzwingen, dass Asse  I nach dem Atomrecht geschlossen wird.

Eine Flutung des Endlagers schafft nach Ansicht der Kritiker auch unumkehrbare Fakten – eine spätere Rückholung des Atommülls wäre dann nämlich nicht mehr möglich. „Das Absaufen der Asse und die jetzt quasi in Notwehr geplanten Maßnahmen der GSF, um die Freisetzung des radioaktiven Inventars zumindest noch einigermaßen zu verzögern, machen klar, dass die Risiken der Endlagerung nicht beherrscht werden“, sagte Robin-Wood-Referent Seifert.

Die gestrige Turm-Besetzung sollte gleichzeitig den Auftakt zu weiteren Protesten markieren, mit denen Atomkraftgegner die wissenschaftliche Konferenz zur Endlagerung in Braunschweig begleiten wollen. Auf Einladung des Bundesamtes für Strahlenschutz und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit diskutieren Fachleute vier Tage lang über neue Erkenntnisse bei der Entsorgung radioaktiven Mülls. Die Veranstaltung mit dem Titel „RepoSafe“ wird heute von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) eröffnet. Am Freitag wollen die Teilnehmer zu getrennten Exkursionen an die Endlagerstandorte Asse, Schacht Konrad, Gorleben und Morsleben starten. REIMAR PAUL