jörg dräger, wissenschaftsenator auf abruf
: Bulldozer im Dreiteiler

JÖRG DRÄGER, 40, studierte Physik in Hamburg und an der Cornell-University in New York. Er ist seit 2001 Senator  FOTO: DPA

Am Wahlabend hatte es sich schon angedeutet. Jörg Dräger war spät ins Pressezentrum gekommen und machte eine große Runde, die Hand fest in die seiner Begleiterin geschmiegt. Doch niemand wollte mit ihm reden. Hunderte Journalisten, die so ziemlich jeden ansprachen, der alt genug war, um das passive Wahlrecht zu genießen – und der amtierende Hamburger Wissenschaftssenator war für sie Luft. Einfach nicht existent.

Gestern dann sickerte die Nachricht durch: Dräger hört auf. „Auch wenn ich gerne mit ihm weiter zusammengearbeitet hätte, habe ich Verständnis, dass Herr Dräger nach über sechs Jahren in der Politik neue Herausforderungen sucht“, ließ Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust verlauten. Echtes Bedauern hört sich anders an.

Bei seinem Amtsantritt im CDU-Schill-FDP Senat 2001 galt der damals 33-jährige, parteilose Dräger als Hoffnungsträger – auch die SPD hatte ihn für den Fall eines Wahlsiegs auf der Liste. In der Folge ließ Dräger keine Gelegenheit aus, um sich Feinde zu machen. Er boxte die leistungsabhängige Bezahlung der Professoren durch, fusionierte Hochschulen und strich Stellen bei den Geisteswissenschaften. Studiengebühren waren ihm eine Herzensangelegenheit – boykottierende Studenten ließ er noch eine Woche vor der Wahl exmatrikulieren.

Bevor er Wissenschaftssenator wurde, hat Dräger, der stets im korrekten Dreiteiler auftritt, bei der Unternehmensberatung Roland Berger gearbeitet. Hamburg habe „das Potenzial, ein führender Wissenschafts- und Forschungsstandort zu werden“, sagte er im taz-Interview zu seinem Amtsantritt. Davon ist die Stadt noch weit entfernt. Der Ärger über den Wissenschaftssenator dagegen ist groß – gerade erst wählten die Professoren Dräger zum unbeliebtesten Wissenschaftsminister Deutschlands, Note: Fünf minus.

Zum Juli wechselt Dräger zur Bertelsmann-Stiftung und wird Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung – diese Hochschulranking-Schmiede hat sich wie Dräger immer für Studiengebühren und das Bachelor-Master-System stark gemacht. WIE