Kein Halt zum Gedenken

Die Bahn findet den „Zug der Erinnerung“ so brandgefährlich und störend, dass sie ihn nicht in den Hamburger Hauptbahnhof lassen will. Die Organisatoren halten das für vorgeschoben. Nach Altona ausweichen wollen sie nicht

Der Streit um den „Zug der Erinnerung“ und seinen Standort auf seiner Station in Hamburg schwelt weiter. Nachdem die Bahn AG am Montag verlauten ließ, dass der Gedenkzug, der an deportierte jüdische Kinder erinnert, aus technischen und betrieblichen Gründen nicht am Hauptbahnhof halten dürfe (taz berichtete), hat ein Konzernsprecher dies gestern nochmals bestätigt. „Hamburg ist der Bahnhof mit der zweithöchsten Zugfrequenz in Deutschland“, sagte der Sprecher. Zudem sei der Antrag der Organisatoren des Gedenkzugs erst am 14. März eingegangen. Das habe eine Lösung erschwert.

Auch die Brandgefahr sei größer als etwa in Köln, weshalb keine Dampflok einfahren könne, da sonst Alarm ausgelöst werden könne. Im ebenfalls überdachten Hauptbahnhof von Köln hatte der von einer Dampflok gezogene „Zug der Erinnerung“ zuletzt drei Tage lang Station gemacht.

Die Argumentation der Bahn kann Hans-Rüdiger Minow, Sprecher des Vereins „Zug der Erinnerung“, nicht nachvollziehen. „Einerseits haben wir den Antrag bereits am 8. März eingereicht“, sagt er. „Außerdem gibt es in Hamburg keine Probleme, die wir anderswo nicht gelöst hätten.“ So könnte man den Zug mit einer Diesellok in den Bahnhof ziehen, oder die Dampflok kalt stellen, also ohne Dampf einfahren lassen, um jede Brandgefahr auszuschließen. „Auch die logistischen Probleme lassen sich lösen“, sagt Minow. So war es in Köln möglich, selbst den europäischen Hochgeschwindigkeitszug Thalys umzuleiten, so dass der „Zug der Erinnerung“ auf Gleis eins Halt machen konnte.

Den von der Bahn angebotenen Ausweichstandort im Bahnhof Altona lehnt Minow gleichfalls ab. „Ein angemessener Platz zu gedenken ist nur der Hauptbahnhof, weil hier die Deportationen stattgefunden haben.“ Auch das neue Angebot der Bahn, den „Zug der Erinnerung“ in Altona nicht nur bis 15 Uhr stehen zu lassen, ist für Minow kein Argument. „Altona wäre ein Abstellgleis, weil die Ausstellung nicht dann geöffnet sein kann, wenn berufstätige Besucher kommen können.“

Die Ursache des Streits sieht Minow nicht Hamburg: „Das Problem liegt in Berlin und dort beim Bahnvorstand“, sagt er. Schon länger wird vermutet, dass Bahnchef Hartmut Mehdorn dem Projekt kritisch gegenüber steht. Minow befürcht nun, dass in Hamburg ein Präzedenzfall für Berlin geschaffen soll, wo der Zug im April im Hauptbahnhof Station machen soll.

FELIX GABER