Tritium und Uran in der Asse

Bundesumweltminister Gabriel (SPD) verärgert über neue radioaktive Funde im Atommülllager. Das Landesumweltministerium in Hannover wirft ihm „Panikmache“ vor: Der Stoff sei völlig ungefährlich

Das Landesumweltministerium in Hannover hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstag „unverantwortliche Panikmache“ vorgeworfen. Dass Gabriel auf seiner umweltpolitischen Sommerreise in Niederbayern mitteilte, die Betreiber des Pannen-Atommülllagers Asse hätten bereits seit Jahren unter anderem mit Tritium kontaminiertes Wasser der Anlage in die Grube Maria Glück bei Celle transportiert, verärgerte Umwelt-Staatssekretär Stefan Birkner. Gabriel suggeriere, der Stoff sei gefährlich, sagte Birkner und hielt eine „Gefährdung für völlig ausgeschlossen“. Die Belastung gehe gegen Null. Nie seien Grenzwerte überschritten worden. Der Transport in die Grube bei Celle, die geschlossen wird, sei vom Bergamt genehmigt.

Im Juni hatten Berichte von in der Asse gefundenen Cäsiumlaugen, die die Grenzwerte um ein Vielfaches überschritten, für Schlagzeilen gesorgt. In der Asse lagern 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen.

Gabriel stellte die Sache leicht anders dar. Er berichtete, täglich seien in Celle zwölf Kubikmeter Lauge in die Tiefe gepumpt worden. Das habe ihm das niedersächsische Umweltministerium kürzlich so nebenbei mitgeteilt. Proben des Betreibers – das ist das dem Bundesforschungsministerium unterstehende Helmholtz-Zentrum in München – lägen weiter unter dem Grenzwert.

Die Lauge sei mit Tritium sowie Uran 235 und 238 belastet, berichtete Gabriel. Für ihn stellten sich nun einige Fragen. Angeblich sei das kontaminierte Wasser jahrelang nach Celle transportiert worden, ohne dass Buch darüber geführt wurde. „Bis heute verfügen wir nicht über die Genehmigungsunterlagen“, sagte Gabriel. In einem Schreiben an Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) verlangt er nun Auskunft darüber, ob Gefahren für die Bevölkerung bestünden, ob die Bürger informiert worden seien und welche Verstrahlungen über die festgestellten Werte hinaus möglich seien.

„Jetzt auch noch radioaktive Lauge in Celle“, empörte sich Stefan Wenzel, Chef der Grünen-Fraktion im Landtag. Bislang hatten der Betreiber und das niedersächsische Umweltministerium stets behauptet, dass der größere Laugenzufluss, bei dem täglich etwa zwölf Kubikmeter anfallen, nicht radioaktiv belastet sei. Wenzel sprach von einem „Abgrund aus Lug und Trug in der Atomaufsicht“. Die Informationspolitik im Sander-Ministerium sei „eine einzige Katastrophe“. KAI SCHÖNEBERG