Leere Zelte

Im Norden war die nun verbotene rechtsextreme „Heimattreue Deutsche Jugend“ besonders aktiv

Die Fahne der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) wird hier nicht mehr wehen. In der Nähe des niedersächsischen Örtchens Eschede, auf dem Gehöft des NPD-Mannes Joachim Nathtz richtete die Organisation gerne ein Lager aus. Am gestrigen Dienstagmorgen erhielten die Funktionäre der HDJ die Verbotsverfügung aus dem Bundesinnenministerium. Zugleich wurden Wohnungen in Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen durchsucht.

Bei HDJ-Schulungen wurde „Rassenkunde“ gelehrt, „Ausländer“ und „Juden“ stellte man als „Bedrohung des deutschen Volkes“ dar. Im Norden war die HDJ, die Kinder und Jugendlichen eine solch „volks- und heimattreue“ Erziehung zukommen lassen sollte, besonders umtriebig: Ihre Zeltlager richtete sie gerne auch im Harz aus, marschiert wurde an mecklenburgischen Seen. Und Spenden sammelte man in Hamburg. Die Gruppen in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen hat der Verein, selbst in Kiel ansässig, organisatorisch als Einheit „Nordland“ zusammengefasst.

Gestern Morgen bekam auch das Büro von Christian Berisha, dem Spendenbeauftragten der HDJ, in Lüneburg Besuch. Bereits im Oktober 2008 hatte es hier eine Razzia gegeben. Zeitgleich hatte das Bundesinnenministerium damals bei NPD-Bundesordnerchef Manfred Börm in Handorf eine Durchsuchung veranlasst, um Material gegen die HDJ zu finden. Berisha und Börm waren schon bei der 1994 verbotenen „Wiking Jugend“ daran beteiligt gewesen, Kinder zur braunen Elite von morgen aufzuziehen. Börms Sohn Alf wiederum firmiert bereits als „Unterführer“ der HDJ. Es sind Familien wie diese, die das organisatorische Rückgrat der nun verbotenen HDJ bilden.

Deren Außenwirkung sei von den Behörden lange unterschätzt worden, denkt Reinhard Koch, Leiter der Braunschweiger Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt. Ebenso wie die Nachhaltigkeit der Bildungsdressur: LehrerInnen berichten von Kindern aus HDJ-Familien, die durch diese „Parallelwelten“ verängstigt wären. Aber aber auch von Kindern, die in der Schule offen dafür agitieren. Nach dem Verbot dürften sich gerade die bestehenden privaten Netzwerke der Ex-HDJler einen neuen politischen Rahmen suchen. ANDREA RÖPKE / ANDREAS SPEIT

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