KOMMENTAR VON PETER MÜLLER
: Den langen Weg freigemacht

Einsatztaktisch war das Agieren der Polizei brillant, politisch aber völlig daneben

4.000 Menschen haben in Pinneberg gegen den Neonaziaufmarsch demonstriert und ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit gesetzt. Über Religionen, Weltanschauungen, Parteizugehörigkeiten hinweg – von Juden, Christen, Katholiken, Muslimen über Sozis, Grüne und Linke bis zur autonomen Antifa.

Auch im Vorfeld dieses Ereignisses gab es die typischen Diskussionen: „Wer kann mit wem?“, „wer distanziert sich von was?“, „und was wenn …?“ Doch der Protest von Pinneberg hat gezeigt, dass es in einem kleinen Städtchen oft leichter ist, ideologische Barrieren durch Praxis zu überwinden und dann an einem Strang gegen Nazis zu ziehen.

Um so befremdender ist das Verhalten der Staatsmacht. Sicher ist Pinneberg per Gericht verdonnert worden, den rechten Mob laufen zu lassen. Aber kein Gericht hat die Polizei verpflichtet, Spagate zu unternehmen, um den Rechten einen langen Lauf zu gewährleisten.

Zugeben: Aus polizeilicher Sicht ein kluger Schritt, den Naziaufmarsch heimlich vorzuverlegen und der Öffentlichkeit etwas anderes vorzugaukeln. Dafür einerseits eine lange Marschroute zu gewährleisten, andererseits aber ein Zusammentreffen mit den Nazigegnern zu verhindern. Doch so ist den Nazis der Weg geebnet worden, ihre Propaganda zu verbreiten. Einsatztaktisch war das Agieren der Polizei vielleicht brillant, politisch aber völlig daneben.