Zu dritt gegen Nazis

PROZESS Wegen eines Übergriffs auf einen NPD-Stand musste sich gestern ein 26-Jähriger verantworten

Vor dem Amtsgericht St. Georg in Hamburg musste sich am Dienstag der 26-jährige Jonas B. wegen eines Übergriffs auf einen NPD-Infostand verantworten. Nach drei Stunden erfolgte die Einstellung wegen „Geringfügigkeit“. Vor Gericht hatten B. Neonazis gebracht, die die Strategie „auf Gegendemonstranten einschlagen, dann Anzeige wegen eines vermeintlichen Angriffs stellen“ regelmäßig praktizieren.

Mit der Gerichtsentscheidung war B. aber nicht ganz zufrieden. Auf Freispruch hatten er und sein Anwalt Marc Meyer gehofft. „Politiker fordern zu Zivilcourage gegen Rechtsextremismus auf, doch wenn dem Aufruf gefolgt wird, wird man verfolgt“, sagte B. Sein Anwalt Meyer fragte: „Warum sitzt hier das Opfer auf der Anklagebank und nicht der Täter?“ Vor Gericht musste dann auch der Staatsanwalt einräumen, das vieles unklar sei. Ihn mache stutzig, das B. am 7. März dieses Jahres mit drei weiteren Antifaschisten auf an die 25 Neonazis losgestürmt sein soll.

An jenen Samstag richtete die NPD an einem Einkaufszentrum in Billstedt einen Infostand aus. B. beteiligte sich an der „Aktion Brauer Sack“ – Passanten konnten NPD-Material in den Müll werfen. Offensichtlich zu viel Protest für Raphael N., der den NPD-Stand angemeldet hatte.

Als B. mit drei weiteren Antifaschisten aus dem Zentrum trat, geriet die kleine Gruppe mit der wesentlich größeren Neonaziansammlung aneinander. Eilig schritt die Polizei ein. Raphael N. stellte Anzeige, weil B. ihn geschlagen und den Infostand beschädigt habe soll. Er sagte gestern jedoch, nicht verletzt worden zu sein und dass auch der Stand heil blieb. Ein Polizist sagte aus: „Dass fünf Personen aktiv gegen einen Stand vorgehen, an dem so viele Rechte stehen, habe ich noch nicht erlebt.“ Das sei „eine gewisse Eigengefährdung“.

Meyer wies drauf hin, das N. mit einen quarzgefüllten Handschuh einen Demonstranten geschlagen haben soll. Erneut fragte er: „Warum werden die Ermittlungen nicht bei diesem Fall vorangetrieben?“ ANDREAS SPEIT