taz-Adventskalender: Frohe Botschaft (9): Kampfansage gegen Judenhass

Antisemitismus ist auch an Schulen ein Problem. Eine Bildungs- und Beratungsstelle des Vereins KIgA soll das Engagement dagegen unterstützen.

Plätzchenteig mit Stechformen

Gemeinsam kriegen wir das gebacken: Kinder aus verschiedenen Nationen bei einem Nachmittag auf Einladung des Zentralrats der Juden und der Kiga Foto: dpa

Gegen Diskriminierung vorzugehen ist nicht leicht – und Antisemitismus zu bekämpfen ist besonders schwer. Zum einen ist unklar, wie umfassend er verbreitet ist. Zum anderen wird kontrovers diskutiert, wer denn nun Antisemit ist.

Mit Fallzahlen komme man nicht weit, wenn man die Bedeutung des Problems ermitteln wolle, sagt Dervis Hizarci, Vorstand der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA). 19 solcher Fälle an Schulen wurden dem Senat im vergangenen Jahr gemeldet. Die meisten Vorkommnisse geschehen aber laut Hizarci auf niedrigschwelligem Niveau – sie würden kaum bekannt.

Falls sie doch an die Öffentlichkeit kommen, ist der Aufschrei groß. Etwa als kurz vor den Sommerferien bekannt wurde, dass an der John-F.-Kennedy-Schule ein jüdischer Junge monatelang antisemitisch gemobbt worden war.

Um Lehrer – und damit Schüler sowie deren Eltern – stärker für diese Form der Diskriminierung zu sensibilisieren und im Kampf dagegen zu stärken, finanziert der Senat seit diesem Jahr eine „Praxisstelle Bildung und Beratung“, eingerichtet von der KIgA. „Dort können Schulen sowohl Erstberatung und Begleitung in akuten Fällen als auch eine längerfristige Betreuung und Kooperation in Anspruch nehmen“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Freitag bei der Vorstellung des Projekts.

Für die Arbeit wurden bereits 40 sogenannte Teamer von der KIgA geschult. Sie sollen Formate wie Workshops, Schulungen und Projekttage in den Schulen einsetzen; für die Schulen ist das kostenlos. Geplant sind vorerst etwa 80 Veranstaltungen pro Jahr. 120.000 Euro stehen dafür zur Verfügung; das Geld stammt von der Bildungs- und der Justizverwaltung, die auch für Antidiskriminierung zuständig ist.

„Schulen werden das Problem nicht allein lösen können“, sagte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) und lobte die Erfahrung der KIgA. Der Verein war in der Folge des 11. September 2001 und der Eskalation des Nahostkonflikts gegründet worden und ist inzwischen bundesweit tätig.„Wir haben uns dabei nie als migrantische Initiative gesehen, auch wenn wir bisweilen so wahrgenommen werden“, sagte KIgA-Direktor Aycan Demirel. Antisemitismus sei nicht nur ein Problem bei Menschen mit muslimischem Hintergrund, sondern auch bei vielen Deutschen; er sei in Ost- wie Westberlin verbreitet und in allen gesellschaftlichen Schichten. Behrendt sprach vom „Kampf gegen den eingewanderten wie den eingeborenen Antisemitismus“.

Senatorin Scheeres betonte, das „subjektive Empfinden“ sei maßgeblich: Manche Schüler würden Diskriminierung nicht als solche empfinden oder souverän damit umgehen; andere fühlten sich schnell eingeschüchtert und bedroht.

Dirk Behrendt, Grüne

„Schulen werden das Problem nicht allein lösen können“.

Oft kopierten Kinder antisemitische Einstellungen der Eltern und trügen sie in die Schule, ohne sie genau zu verstehen, so Scheeres. Hizarci nannte ein Beispiel: „Wenn jemand sagt: ‚Juden sind reich‘, ist das ein antisemitisches Vorurteil. Aber ist er, wenn er sonst nie durch entsprechende Einstellungen auffiel, Antisemit?“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.