taz hilft BürgerInnen in Rio de Janeiro: Sand im Getriebe der Mächtigen

Die taz und ihre LeserInnen helfen dem Bürgerkomitee von Rio de Janeiro im Kampf gegen Olympia 2016.

Wenn Bewohner aus ihren Vierteln fliegen, damit olympische Sportstätten hochzogen werden können, helfen keine Maskottchen mehr. Bild: ap

Die Wahlen sind vorbei, jetzt geht es los. Die Stimmung im Comitê Popular da Copa e das Olimpíadas von Rio de Janeiro ist kämpferisch. Zwar ist die politische Debatte in Brasilien immer noch von dem knappen Wahlsieg der Arbeiterpartei PT gegen die rechte Opposition geprägt.

Der Sommer 2014 stand ganz im Zeichen der Fußball-WM der Männer. Mit unseren Sonderseiten, der taz.brasil, haben wir dieses Event politisch, gesellschaftskritisch und sportlich begleitet; taz-typisch eben.

Doch die Gruppen, die seit Jahren gegen verfehlte Stadtplanung und Misswirtschaft im Kontext der großen Sportveranstaltungen mobilisieren, blicken nach vorn: Nach der Fußball-WM stehen 2016 die Olympischen Spiele an.

Zu den ersten Dingen, die nach der Sommerpause – was in Brasilien eine Winterpause ist – getan wurden, gehörte ein Brief an die taz. Ein Dank dafür, dass die Zeitung Tausende Kilometer entfernt eine Spendenkampagne ins Leben gerufen hat und (im Gegensatz zur Mehrzahl der brasilianischen Medien) kritisch berichtete.

Eine revolutionäre Geste

„Wir danken euch für die solidarische Zuwendung. In dieser immer individualistischeren Gesellschaft ist eine solche Geste geradezu revolutionär”, schreibt das Komitee. Und hofft, dass dieses Beispiel auch bei anderen Kämpfen für radikale Transformationen Schule macht.

Medien und Journalismus seien ein wichtiger Teil sozialer Kämpfe, schreiben die Menschen vom Komitee. „Seit Jahren denunzieren wir die negativen sozialen Folgen der Megaevents und sind uns angesichts der korporativen Medienwelt in Brasilien bewusst, dass eine Berichterstattung wie in der taz eine demokratische Errungenschaft ist.”

Eine erste Verwendung hat die Spende von über 10.000 Euro bereits gefunden: Anfang November wurde in Rio die neueste Version des Nationalen Dossiers zu Menschenrechtsverletzungen infolge der Megaevents vorgestellt. Es war auch so etwas wie der Abschied von der landesweiten Struktur der Komitees.

Zu unseren WM-Sonderseiten, der taz.brasil, boten wir unseren LeserInnen eine besondere Abo-Aktion. Wenn sie sich für das WM-Abo entschieden konnten sie wählen, ob ihnen die taz ein Buch als Abo-Prämie zuschickt, oder 10 Euro für die Bürgerkomitees in den Austragungsorten der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien spendet.

 

Die Resonanz war überwältigend auch weil sich die meisten neuen AbonentInnen dafür entschieden, den Comitê Popular da Copa auf diese Weise eine Spende zukommen zu lassen.

 

Exakt 7.960,00 Euro sind so durch das WM-Abo zusammen gekommen. Weitere 1.416,00 Euro haben taz-LeserInnen zusätzlich gespendet. Den Gesamtbetrag von 9.376,00 Euro rundete die taz auf 10.000 Euro auf und überwies den Betrag vor kurzem an die AktivistInnen in Rio de Janeiro.

Von den landesweit zwölf Komitees, eines in jedem WM-Austragungsort, bleibt nur die Gruppe in Rio de Janeiro bestehen und bereitet die Mobilisierung gegen die Olympiade vor. Zahlreiche AktivistInnen kamen aus diesem Anlass noch einmal zu einem Seminar in Rio zusammen - auch um weitere Vernetzung und zukünftige Aktivitäten zu diskutieren.

„Es wird keine Olympiade in Rio geben!”

Das meiste Geld wird in Aktionen rund um Olympia 2016 investiert werden, so die Planung des Komitees. Denn schon jetzt ist klar, dass es eine große Herausforderung wird, die Negativfolgen der diversen Baumaßnahmen und der gesetzlichen Sonderregelungen für die weltgrößte Sportveranstaltung in Grenzen zu halten.

Einige AktivistInnen vertraten beim Seminar eine klare Haltung: „Es wird keine Olympiade in Rio geben!” Andere waren realistischer angesichts der Erfahrungen mit dem Widerstand gegen die WM: Es solle versucht werden, Sand ins Getriebe zu streuen. Statt des Jubels über angebliche Höchstleistungen sollten die Menschenrechtsverletzungen zur Sprache gebracht werden.

In ihrem Brief an die taz gehen die AktivistInnen auch auf die Aktionsformen ein, für die das Spendengeld in den kommenden Monaten verwandt werden soll, so beispielsweise für die sogenannten Missionen. Das sind Ausflüge in die Stadtteile, in denen BewohnerInnen vertrieben werden, unter Baumaßnahmen leiden oder sonstigen Rechtsverstößen ausgesetzt sind.

„Dies bringt Öffentlichkeit und stärkt den Menschen dort den Rücken.” Zudem will das Komitee viele Veranstaltungen organisieren, Infokampagnen gemeinsam mit Alternativmedien durchführen und die Betroffenen für den Protest mobilisieren. Dank der taz gibt es dafür jetzt ein gutes finanzielles Polster.

ANDREAS BEHN ist freier Journalist und Soziologe. Er lebt und arbeitet in Rio de Janeiro und berichtet von dort regelmäßig für die taz aus der Region.