Möbelstücke flogen durch die Luft

In Lüneburg löste die Polizei mit 500 BeamtInnen ein Konzert des „Blood & Honour“-Netzwerks auf. Die rechtsradikalen Skinheads warfen Flaschen und Möbel auf die Polizei. Zahlreiche Verletzte auf beiden Seiten. 32 Skinheads festgenommen

aus Hamburg ANDREAS SPEIT

Ausnahmezustand in Laave im Landkreis Lüneburg: Über 500 Neonazis kamen am vergangenen Samstag in das niedersächsische Dorf zu einen „Skinheadkonzert“. Mehrere Bands aus dem verbotenen „Blood & Honour“-(B&H-)Netzwerk sollten in der Gaststätte Zum goldenen Stern spielen. „Wir haben das nicht gewusst“, beteuert das Gastwirtsehepaar, „als die den Saal mieteten, sahen die ganz anders aus und sagten, es sei für eine Geburtstagsfeier.“

Doch kaum hatte die „Geburtstagsparty“ begonnen, schritt die Polizei ein. Sie wusste, dass am 23. September ein Konzert in der Region Lüneburg geplant war, bestätigt Kriminalhauptkommissar Gerd-Dieter Hagels: „Doch wo genau, war uns nicht bekannt.“

Die Polizei hatte nicht mit starker Gegengewehr gerechnet. Doch schon auf dem Weg zum Goldenen Stern bewarfen die Neonazis die Polizeibeamten mit Wurfgeschossen. „Nachdem die Einsatzleitung feststellte, dass die bei dem Konzert Anwesenden in engem Kontakt zu der verbotenen Organisation ‚Blood & Honour Division Deutschland‘ stehen“, erklärt Hagels, „wurde das Konzert aufgelöst.“ Dafür mussten sich die 500 PolizeibeamtInnen gewaltsam Zutritt zur Gaststätte verschaffen. Denn kaum waren die PolizistInnen aus Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern in Stellung gegangen, verschanzten sich die Neonazis und griffen mit Tränengaswurfkörpern und Rauchbomben an.

Erst beim zweiten Versuch gelang es der Polizei, mit Gewalt in die Räume einzudringen. Immer wieder warfen die Neoanzis Flaschen und Gläser, aus dem zweiten Obergeschoss flog eine Kommode und verletzte zwei Polizisten am Kopf. Insgesamt erlitten 46 Beamte Verletzungen, viele durch Atemwegreizungen. Bei der Räumung wurden 15 Neonazis verletzt, 32 Personen nahmem die Beamten wegen Landfriedensbruchs vorläufig fest.

Bereits im Juni dieses Jahres war es zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen, als die Polizei ein B&H-Konzert der Sektion Nordmark im Raum Tostedt auflöste. Auch das war als „Geburstagsfeier“ getarnt. Seit Anfang den 90er-Jahre veranstaltet die von dem Tostedter Sascha Bothe geführte „Blood & Honour Sektion Nordmark“ zusammen mit der von dem Lüneburger Sven Grewe geleiteten „Hammerskins Nordmark“ Konzerte im norddeutschen Raum.

Mehr noch als die verbotenen „Blut & Ehre“-Kameraden verstehen sich die Hammerskins als „arische Elite“. Wer Mitglied der Deutschen-Sektion des internationalen Netzwerks der „Bruderschaft“ werden will, durchläuft „geschichtliche und politische Schulungen“ und muss für seine „körperliche Fitness“ sorgen. Waffenbesitz und Wehrsportübungen sind bei ihnen selbstverständlich.

Der Anspruch, die rechte Avantgarde zu sein, führte zu Konflikten mit den „Blood & Honour“-Kameraden. Im mittlerweile verbotenen Neonazi-Magazin Hamburger Sturm war jedoch zu lesen, dass die Streitereien inzwischen behoben seien.