Herbstmode: Braun

Verherrlichung der Wehrmacht, abgewandelte Hakenkreuze und Germanenkult: Im Osten der Stadt wächst die rechte Kulturindustrie

von ANDREAS SPANNBAUER

Der Ostteil der Stadt wird zu einem Umschlagplatz für rechtsextremes Propagandamaterial. Inzwischen vertreiben mindestens neun Geschäfte Kleidung, Musik und Schmuckstücke, die sich in der rechtsextremistischen Szene ausgesprochener Beliebtheit erfreuen.

In vielen Fällen sind die Inhaber der betreffenden Geschäfte der Verfassungsschutzbehörde als Rechtsextremisten bekannt. Polizeipräsident Hagen Saberschinsky weist darauf hin, dass oftmals eine „sehr unmittelbare Verbindung“ zwischen den Betreibern kommerziell ausgerichteter Geschäfte und rechtsextremistischen Gruppierungen besteht. Doch auch normale Bekleidungsgeschäfte entdecken zunehmend den rechten Absatzmarkt. So bietet zum Beispiel der Laden „doorbreaker“ im Einkaufscenter „Forum Köpenick“ nicht nur Haschpfeifen und Bekleidung für Jugendliche an, sondern auch Sweatshirts mit der Aufschrift „100 % white“ und Hemden, auf denen vor zwei Stiefeln mit Stahlkappen der Schriftzug „Made in Germany“ zu sehen ist.

Auch indizierte Gegenstände werden nach Angaben der Justizpressestelle regelmäßig verkauft. Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Vertriebs von verfassungsfeindlichen Symbolen ist einem Sprecher der Behörde zufolge in diesem Jahr bereits zweistellig. Konsequenzen hätten strafrechtliche Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen aber kaum. „Wenn die Polizei weg ist, wird die Ware einfach wieder ausgelegt.“

Prominentestes Beispiel ist der Laden Ha-Ra-Kiri in Prenzlauer Berg. Gegen den Betreiber Henri H. wurden bereits vier Ermittlungsverfahren eingeleitet. Aktuell läuft gegen H. eine Anzeige wegen Volksverhetzung, 1995 wurde er wegen Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen verurteilt. Der Geschäftsbetrieb wird davon bisher nicht beeinträchtigt. Dabei hat die zuständige Gewerbeaufsicht grundsätzlich die Möglichkeit, einem Gewerbetreibenden, der bereits Straftaten begangen hat, die Konzession zu entziehen.

Wenn sich die Anbieter an das Strafgesetzbuch halten, greifen polizeiliche Mittel ohnehin nicht. Der Gefahr, die von der Etablierung des rechten Dresscodes ausgeht, tut das keinen Abbruch: Symbole, die unschwer mit der rechtsradikalen Szene in Verbindung gebracht werden können, sorgen dafür, dass sich Jugendliche nicht nur mit ihrem neuen Outfit, sondern auch mit der dazugehörigen Ideologie identifizieren. Den Drahtziehern der rechtsradikalen Kulturindustrie kommt damit eine Schlüsselrolle bei der Stärkung der Nazi-Szene zu. Auch hier gilt das Gesetz des französischen Ökonomen Jean-Baptiste Say: Jedes Angebot schafft sich seine Nachfrage.