Verbrechen: Zettel verteilt

Afrikaner wird von BGS-Beamten in der Wandelhalle des Hauptbahnhofs verprügelt und erhält Strafanzeige wegen Körperverletzung  ■ Von Peter Ahrens

Adejumo Oyeleye hat ein Anliegen: „Ich sage: Waffenproduktion muss eingestellt werden.“ Weil er findet, dass ganz viele Menschen diese Meinung teilen sollten, hat er das auf Zettel geschrieben, die er gedruckt und vervielfältigt hat und in der ganzen Stadt verteilt. So auch am 27. Oktober in der Wandelhalle am Hauptbahnhof – deswegen hat er jetzt ein Verfahren wegen Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt am Hals.

Die S-Bahn-Wache hatte etwas dagegen, dass er dort seine Flugblätter unters Volk brachte. Sie riefen Beamte des Bundesgrenzschutzes, und die „haben mich zu viert sofort gepackt, auf den Boden geworfen und mir die Knie in den Rücken gedreht“. Es sei überhaupt keine Zeit gewesen zu reagieren oder zu argumentieren. Die Beamten verpassten ihm Handschellen und nahmen ihn mit auf die Wache am Hachmannplatz. Dort, so schildert Oyeleye, rissen sie ihm Haare aus dem Kopf. Als er daraufhin schrie, bekam er nur zu hören: „Schrei ruhig, hier hört dich keiner.“

Er habe sich ausziehen müssen, sei eingesperrt und erst eine Weile danach wieder freigelassen worden – ohne ein Wort der Entschuldigung. „Das war ganz schlimm, aber ich wollte die Sache auf sich beruhen lassen.“ Bis er jetzt eine Vorladung vom BGS erhielt, in der er lesen durfte, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden ist: Widerstand und Körperverletzung. „Dabei habe ich doch gar nichts gemacht.“

Das sieht der BGS anders. Laut Sprecher Andreas Bebensee habe sich Oyeleye gegen die Festnahme gewehrt und bei dem Versuch, sich dem Polizeigriff zu entziehen, einem Beamten per Kopfstoß das Nasenbein gebrochen. Der Beamte habe darauf „den Kopf des Mannes fixieren müssen, und dabei hat er ihm wohl Haarbüschel entnommen“. Die Strafanzeige werde man vom Bundesgrenzschutz aus auf jeden Fall aufrecht erhalten. Oyeleye hat auch drei Wochen nach dem Vorfall noch Prellungen, Kopf- und Rückenschmerzen und ist in ärztlicher Behandlung.

Seit 1980 lebt der Nigerianer in Deutschland, „die Polizei habe ich bisher immer als die Friedenshüter angesehen und ihre Arbeit gewürdigt“. Von der Verteilung der Flugblätter bringt ihn der Vorfall aber nicht ab. „Das ist meine Mission, das werde ich weiter tun.“ Demnächst will er wieder in die Wandelhalle gehen.